Velbert Spannende Geschichten über Volt und Watt

Velbert. · Im Umspannwerk an der Mettmanner Straße betreiben die Stadtwerke ein kleines Museum, das einen hochinteressanten Einblick in die Geschichte der Velberter Elektrizitätsversorgung gibt.

 Bernd Rasche (r.) und Frank Körber vor einer Schaltzelle von 1920, die noch bis in die 70er Jahre bei der Firma Kupfer & Messing (Langenberg) in Betrieb war.

Bernd Rasche (r.) und Frank Körber vor einer Schaltzelle von 1920, die noch bis in die 70er Jahre bei der Firma Kupfer & Messing (Langenberg) in Betrieb war.

Foto: Reinhard Lüdeke

Anfangen hat alles mit ein paar gut erhaltenen alten Messgeräten und Schaltanlagen – zu schade zum Entsorgen, fand Bernd Rasche: „Ich bin halt Jäger und Sammler“, räumt der Leiter des Netzservice der Stadtwerke schmunzelnd ein. Als 2007 ein Defekt an der alten Schaltanlage einen Neubau an der Mettmanner Straße erforderte, konnte er mit seinen Exponaten das kleine Museum auf rund 100 Quadratmetern im freigewordenen Altbau einrichten. Bei dem ehrenamtlichen Engagement haben ihm viele Kollegen geholfen, betont der 63-jährige Velberter.

An diesem Tag erhält er Unterstützung durch Frank Körber, bis zum Beginn seiner Altersteilzeit Prokurist und für die Stromversorgung in Velbert verantwortlich. Die Tour beginnt am Schaltfeld, das hinter Bäumen und Büschen verborgen liegt. Das Areal hat seine eigene Geschichte: Hier wurde um 1900 das erste Velberter Gaswerk gebaut.

Altes Verwaltungsgebäude
ist mittlerweile ein Wohnhaus

Als diese Epoche nach etwa 20 Jahren endete, diente das Gelände zunächst als Lagerstätte für die Stadtwerke. Diese errichteten 1965 das Umspannwerk 3 – eines von insgesamt vier in Velbert-Mitte. Das ehemalige Verwaltungsgebäude wird mittlerweile als Wohnhaus genutzt. Heute wird die Anlage durch ein 110 000-Volt-Kabel versorgt – unterirdisch, erläutert Körber: „Mit Freileitungen geht das in der Stadt nicht.“ Ein gewaltiger Transformator im Hauptgebäude wandelt die Spannung in 10 000 Volt um, die ins Stadtgebiet verteilt werden, ein zweiter im Außenbereich kommt zum Einsatz, wenn etwa der andere in Revision geht. 67 Tonnen wiegt dieser Koloss, davon 17 Tonnen Öl für Kühlung und Isolation.

„Die systematische Stromversorgung in Velbert begann im Jahr 1911 mit zwei Freileitungen aus Kupferdreh“, berichtet Rasche – dort arbeitete damals ein Kohlekraftwerk. Großabnehmer wurden lange Zeit durch die Bergische Elekrizitätsversorgungs GmbH Elberfeld bedient. In der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre übernahmen Velbert, Neviges und zum Teil Langenberg den Betrieb ihres Gesamtnetzes.

Beim Betreten des Museums macht sich der Transformator im Nachbarraum mit einem sonoren Brummen bemerkbar. „Die Anlage wird rechnergesteuert über die zentrale Netzleitstelle an der Kettwiger Straße betrieben“, erklärt Raschke. Stromzähler aus verschiedenen Epochen hängen an den Wänden, mehr als 6000 wechseln die Stadtwerke heutzutage pro Jahr. Daneben ein Fehlerstromschutzschalter, groß wie Zigarettenautomat. An einer Wand sind verschiedene Schaltzellen aufgebaut. Eine, Baujahr 1920, war bis in die 70er Jahre im Gebrauch und stammt aus der ehemaligen Langenberger Firma Kupfer & Messing: ein Gitterverschlag, da ist nichts isoliert. Ein ganzes Sicherungsfeld und mehrere Trennschalter sind auf einer Marmortafel montiert, die bis 1990 in einer Tönisheider Firma verwendet wurde. „Die brannte im Ernstfall nicht“ – im Gegensatz zu den zuvor eingesetzten Holztafeln, sagt Rasche, und zieht ein merkwürdiges Exponat mit einem Glühlampengewinde auf der einen und einer Art Steckdose auf der anderen Seite von der Wand. „Ein Adapter“, erläutert er. Ein Schalter, eine Lampe – mehr gab es früher in vielen Wohnungen nicht. Wollte man bügeln, schraubte man die Glühbirne aus der Lampe und die Steckdose hinein und konnte so das Bügeleisen betreiben.

In einer Ecke steht ein alter Schaltschrank – aus Blech, was Passanten bei Feuchtigkeit im schlimmsten Fall „spannende Momente“ bescheren konnte. Rund 1400 gibt es heute in der Stadt, alle natürlich voll isoliert, erläutert Rasche. Auch zu Freileitungen gibt es verschiedene Anschauungsstücke: „Wir haben derzeit noch etwa 86 Kilometer im Stadtgebiet“, stellt Körber fest.

Beeindruckend ist auch die Präsentation verschiedener Kabel: Haarfeine Glasfaser ersetzt armdicke Kabelstränge. Kommunikation ist indessen bei den Velberter Stadtwerken nicht erst seit dem Aufbau des Glasfasernetzes ein Thema: Der Energieversorger besitzt in Velbert ein eigenes, von der Telekom völlig unabhängiges Telefonnetz für die interne Kommunikation.

Wohin führt künftig der Weg in Sachen Energie? Der industrielle Wandel in Velbert, zum Beispiel das Gießereisterben, habe sich auch bei den Stadtwerken widergespiegelt, sagt Körber. Wurden früher in Spitzenzeiten bis zu 70 Megawatt verbraucht, seien es heute nur noch 50 bis 53. Die beiden Fachleute gehen aber davon aus, dass mit zunehmender Elektromobilität wieder mehr Strom in Velbert benötigt wird.

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