So kam die Reformation ins Dorf

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts bahnte sich der Geist der Reformation den Weg nach Neviges. Der neue Glaube wurde aber zunächst noch heimlich praktiziert.

So kam die Reformation ins Dorf
Foto: Ulrich Bangert

Neviges. Das Rheinland war weit weg, als Martin Luther heute vor 500 Jahren seine berühmten 95 Thesen der Überlieferung nach an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg schlug und die damalige Welt in ihren Grundfesten erschütterte. „Wann die Ersten in Neviges zum neuen Glauben übertraten, kann keiner sagen“, so Gerhard Haun. Der Kenner der örtlichen Geschichte weiß aber, dass man zu Beginn des 16. Jahrhundert auch in der Herrschaft Hardenberg es so empfand, dass die Kirche eine Reform braucht.

Gerhard Haun, Historiker

Das lag an dem bergischen Herzog Johann III., dessen Erzieher, der in Mettmann geborene Humanist, Konrad Heresbach war, ein Freund des bekannten Erasmus von Rotterdam. „Man stand dem Gedanken nahe, das Evangelium in deutscher statt in lateinischer Sprache auszulegen, die Priesterehe zuzulassen und das Abendmahl in beiderlei Gestalt, also Brot und Wein, auszuteilen“, so der Geschichtsforscher. „Dann kam Luther mit seinen Schriften und seinem berühmten Auftritt auf dem Reichstag in Worms, da wusste man, dass da was im Gange ist. Dann trat der im Bergischen sehr anerkannte Prediger Adolf Clarenbach auf, der auch in Elberfeld wirkte. Menschen kamen heimlich zusammen und lasen die Bibel. Nach seiner Hinrichtung als Ketzer hatte die junge Bewegung einen Märtyrer“, stellt Haun fest, der weiß, dass um 1530 in Schöller unter dem Schutz des Unterherren statt einer Messe eine Predigt über die Bibel gehalten wurde.

Wilhelm V. von Bernsau hatte sich noch zurückgehalten, dann setzte sich mehr die reformatorische Praxis durch, begünstigt durch die Herrschaften, unter anderem durch Heirat einer Schwester von Johannes Calvin. Als die Frau des nachfolgenden Hardenberger Herrschers Wilhelm VI. starb, nahm sich dieser eine neue, die fest im alten Glauben stand, das Paar gab sogar dem Papst ein Versprechen. „Doch da war die Reformation sehr weit fortgeschritten, Calvinisten, die in Holland durch die Spanier bedrängt wurden, kamen nach Neviges, 1586 hatte sich endgültig der reformierte Glauben durchgesetzt. Am 21. Juli 1589 fand im Pfarrhaus am Kirchplatz die erste bergische Synode statt“, vermeldet der Historiker. Die reine Lehre mit dem Heidelberger Katechismus wurde angenommen, die Nevigeser Anhänger der Reformation nahmen ihren Glauben sehr ernst, übten strenge Disziplin, vermieden Ausschweifungen und hielten Maß beim Essen und Trinken. Während der bergische Herzog immer noch katholisch war, vermieden die Hardenberger Herren, ihre Untertanen öffentlich zu unterstützen.

„Nur ein Hof in Hardenberg blieb beim alten Glauben, man sprach vom ,katholischen Leimberg’“, hat Gerd Haun herausgefunden. Durch die Heirat der Stoppenberger Stiftsdame Anna von Asbeck trat Johann Siegmund zur katholischen Kirche über. Sie ließ eine katholische Kirche auf dem herrschaftlichen Grund bauen und holte 1676 die Franziskaner, denen sie das Gebäude und den Garten überließ, damit die Mönche ein Kloster gründen konnten. Die Franziskaner durften betteln, verbreiteten dabei ihre Botschaft. Als mit Ferdinand von Fürstenberg zum Dank nach überstandener schwerer Krankheit nach Neviges ein hoher Herrscher nach Hardenberg pilgerte, machte das schnell die Runde, auch der katholische Herzog Jan-Wellem beehrte aus Düsseldorf das kleine Neviges, der Beginn das Wallfahrtsortes inmitten einer reformierten Gesellschaft.

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