Ratingen: Überraschungen bei der Cromford-Sanierung

Bei den Arbeiten am Herrenhaus kommen Geheimnisse ans Licht. Das verblüffendste: Das Gebäude könnte älter sein als ursprünglich gedacht.

Ratingen. Mit großer Wahrscheinlichkeit muss die Baugeschichte des Herrenhauses Cromford neu geschrieben werden. Davon ist zumindest Museumsleiterin Claudia Gottfried überzeugt. Schon immer hatte sie sich gefragt, was die Zahl 1784 in dem Abschluss-Baustein über der Tür an der Rückseite des Herrenhauses zu bedeuten habe.

Bisher habe man aus Familienüberlieferungen immer 1790 als Fertigstellung des Hauses angenommen. Seit einem halben Jahr wird aber das Herrenhaus kräftig saniert. Bei diesen Arbeiten gab das Gebäude viele Geheimnisse preis.

Nun konnte sich das Museum auch den Briefwechsel einer Erzieherin des Hauses Cromford aus dem Jahr um 1784 erklären, die davon sprach, dass man vom Salon auf direktem Wege in die Fabrikhalle gehen konnte.

"Da muss also das Herrenhaus schon in seiner ganzen Größe bestanden haben. Bisher war man der Meinung, dass der Fabrikant Johann-Gottfried Brügelmann im Jahre seiner Firmengründung mit einem kleinen Häuschen angefangen habe und es erst 1790 zum heutigen Herrenhaus hat ausbauen lassen", sagt Claudia Gottfried.

Aus dieser Erkenntnis ergaben sich auch ganz andere Aspekte bezüglich der Persönlichkeit von Johann-Gottfried Brügelmann. "Er muss schon bei seiner Firmengründung sehr optimistisch gewesen sein, dass der Betrieb laufen wird. Aber auch um der Konkurrenz und den Kunden zu imponieren dürfte er sich für den sofortigen Schlossbau entschieden haben und nicht erst 1790", erklärt die Museumsleiterin.

Vor vier Jahren hat der Landschaftsverband Rheinland (LVR) das rosa (Kontor) und das weiße Gebäude (Fabrikhalle) von der Stadt erworben. Auflage war die Sanierung der zum Herrenhaus gehörenden Gebäude. Die Bauaufsicht für das eine Million Euro teure Projekt hat der Landschaftsverband.

Bei der ersten öffentlichen Führung zeigte Claudia Gottfried die neu hinzugewonnenen Räume, erklärte viele Geheimnisse. So zum Beispiel, dass sich hinter den abgerissenen Wänden noch marmorierte Vorzeichnungen befanden, die nun sichtbar gemacht werden. "Solche Zeichnungen waren damals groß in Mode. Zur gleichen Zeit wurden nämlich auch Pompeji ausgegraben, und dort fand man solche Malereien", erklärte Claudia Gottfried.

Ähnlich war es auch bei den Böden. Dabei wurde dem Zeitgeist entsprechend immer wieder der Boden erneuert. Ganz unten lag aber noch der Originalboden von 1784 aus massivem Eichenholz, der natürlich erhalten bleibt.

Aber manche Geheimnisse konnten noch nicht gelüftet werden. So gibt es eine Treppe, die ins Nichts führt. Claudia Gottfried ist zuversichtlich, dass es auch hierfür noch eine Erklärung geben wird. "Wir sind ja noch mittendrin in unseren Forschungen", sagt sie.

Etwas seltsam wirken in den geschichtsträchtigen Räumen die modernen Lampen aus den 1990er-Jahren. "Sicherlich hätten wir uns auch eine stilechte Beleuchtung gewünscht, doch dafür war kein Geld da. Aber es geht auch so ganz gut", gab Claudia Gottfried freimütig zu verstehen.

Zu den Gästen bei der Führung zählte auch ein Nachfahre von Johann-Gottfried Brügelmann, nämlich der Arzt Jörg Brügelmann. "Ich finde es gut, dass hier weiter geforscht wird, und man so der Wahrheit ein Sückchen näherkommt", erklärte der 71-Jährige sein Interesse an der Führung.

Die Ratingerin Gerda Berger hat keine persönliche Beziehung zum Schloss Cromford. "Ich interessiere mich für Kunst und Geschichte. Und das Haus Cromford ist schon ein Anziehungspunkt für viele Gäste, auch von außerhalb. Jetzt wollte ich auch mal Details des Hauses kennen lernen."

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