Ratingen: Stöbern in der Stadtgeschichte

Dass ein Archiv eine höchst lebendige Einrichtung sein kann, wurde jetzt beim Tag der offenen Tür deutlich. Viele Bürger nutzten das Angebot.

Ratingen. Besonders spektakulär sieht der Raum eigentlich nicht aus. Jalousien halten das Tageslicht fern, an den Wänden stehen schlichte Holzregale und Metallschränke, auf jedem freien Fleckchen stapeln sich Kartons. Das Spektakuläre steckt vielmehr in den Schränken, Kartons und Regalen. Im "kleinen Archivraum" des Ratinger Stadtarchivs, lagert unter anderem die wohl wertvollste und wichtigste Urkunde der Dumeklemmerstadt: Die Stadterhebungsurkunde von 1274, die in einer durchsichtigen Kunststoffhülle in einem der Schränke baumelt.

Schätze wie diesen konnte man am Samstagvormittag genauer unter die Lupe nehmen, anlässlich des "Tags der Archive" informierte das Stadtarchiv über seine Geschichte, Aufgaben und Angebote. Anders als bei manchem Tag der offenen Tür gab es kein Rahmenprogramm, man konzentrierte sich aufs Wesentliche - und das kam gut an.

"Wenn ich Rummel will, kann ich auch auf die Kirmes gehen", fand Hartmut Börgers. Der Rentner interessiert sich seit einiger Zeit für die Ratinger Geschichte. "Da wollte ich mir mal ganz unverbindlich das Archiv ansehen, ich war da ja noch nie drin."

Kern des Programms war eine Führung durch die Räumlichkeiten, bei der Diplom-Archivar Joachim Schulz-Hönerlage nicht nur viel zeigte, erzählte und erklärte, sondern auch so ziemlich jede Frage fundiert beantwortete. Und das kein bisschen dröge und verstaubt. "Ich fand die Erklärungen angenehm locker und verständlich. Und die Fragen der Besucher waren auch meist sehr interessant, da waren zum Teil richtige Archiv-Spezis dabei", sagte Marianne Wellinghof amüsiert.

In der Tat, an Fragen mangelte es nicht: Was wird archiviert und seit wann? Kann jemand von den Mitarbeitern diese uralten Aufzeichnungen lesen? "Dieser Jemand steht vor ihnen", klärte Schulz Hönerlage auf. Etwa 40Personen drängten sich in den engen Räumen, in dem Gebäude an der Mülheimer Straße, das sich das Archiv mit der Anne-Frank-Schule teilt. "Archive wachsen nun einmal, weil immer neue Akten und Urkunden dazu kommen", erklärte der stellvertretende Leiter des Archivs mit leicht entschuldigendem Unterton angesichts der Umzugskartons und Bücherstapel.

So war das erste Ratinger "Stadtarchiv" nicht mehr als eine schlichte Holzkiste, in der die Stadterhebungsurkunde sicher verwahrt wurde. Von dort bis in den Metallspind hatte sie einen lange Weg vor sich. Erst 1762 wurde der Grundstein für die Einrichtung gelegt, wie wir sie heute kennen, mit der Zielsetzung, wichtige Dokumente der Nachwelt "zu ewiger Nachricht niederzulegen". Seither werden dort Dokumente nicht nur gehortet und erhalten, sondern auch den Bürgern zugänglich gemacht.

"Ich fand es spannend, auch etwas über die Geschichte unseres Archivs selber zu erfahren. man denkt ja eigentlich, das hätte es immer schon gegeben", freute sich Helmut Börgers über die vielfältigen Informationen. Noch mehr begeisterte ihn aber die Gelegenheit, einmal ein altes Pergament anzufassen - ohne Handschuhe! "Da müssen sie sich keine Sorgen machen, dieses Pergament ist viel robuster als unser heutiges Papier, da geht so schnell nicht kaputt."

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