Ratingen: Rechner aus Bambus und Leder

Von Ratingen aus lenkt der Computerhersteller Asus sein Deutschland-Geschäft. Und das floriert.

Ratingen. Worte wie "Qualität" oder "Innovation" sind eigentlich verbraucht. Jede Firma schreibt sie sich auf die Fahnen, das hat sie verbraucht, zu leeren Worthülsen verkommen lassen. Es sei denn, wenn Holger Schmidt sie benutzt. Er ist für das Marketing des Computerherstellers Asus in Deutschland verantwortlich und weiß genau, was er mit Qualität und Innovation mein.

Das Bambus-Notebook ist so eine Innovation. Große Teile des Geräts sind recyclebar. Das in Leder gebundene Notebook steht für Qualität. "Wir haben extra von "3M" einen Kleber entwickeln lassen", sagt Schmidt. Nun haftet das Leder ohne zu reißen.

Das beste Beispiel ist aber der "Eee-PC": Vor etwa einem Jahr hat Asus damit einen großen Coup gelandet und ein Mini-Notebook auf den Markt gebracht, nur für das Notwendigste ausgestattet, dafür spottbillig. "Unsere Mitbewerber haben uns anfangs verhöhnt", sagt Schmidt. Doch heute wissen alle: Asus hat eine neue Produktgattung erfunden.

"Wir haben den Nerv der Masse getroffen", meint Schmidt. Wie viele der Winzlinge in Deutschland verkauft werden, darf er zwar nicht sagen, es dürfte aber eine hohe sechsstellige Zahl sein. Denn die anderen Sparten sind bekannt: Etwa 400.000 Notebooks hat Asus 2008 abgesetzt und noch einmal eine Million Mainboards, die den Kern jedes PCs darstellen.

Angesichts dieser Zahlen wirkt die Schar von 90 Mitarbeitern fast bescheiden, die sich die drei Büroetagen an der Harkortstraße teilen. Es ist eben viel ausgelagert. Von Ratingen aus wird heute kein Rechner mehr verschickt, auch keine Platine entwickelt, geschweige denn etwas hergestellt. Trotzdem laufen dort alle Fäden zusammen. Das kleine Team ist das Rückgrat für das europäische Geschäft des globalen Konzerns.

In Ratingen wird die Strategie für den deutschen Markt entwickelt. Schmidt und sein Team haben dafür gesorgt, dass ein abgespeckter Küchen-PC hergestellt wird. "Das würde in Asien niemals laufen, weil die Leute dort praktisch keine privaten Küchen haben", erklärt er.

Ansonsten bereitet er auch schon mal eine Promotion-Tour durch Einkaufscenter vor, plant erste Shop-in-Shops oder stellt eine Website auf die Beine, die die "Asus-Welt" erklärt. Auch die Werbekampagnen werden in Ratingen adaptiert.

Holger Schmidt zeigt auf ein großes Werbebanner, das in einem Winkel des Konferenzraumes steht. Es ist fröhlich-bunt - und würde in Deutschland nie zum Einsatz kommen. "Die Asiaten wollen alle Farben des Regenbogens, der deutsche Markt braucht es gediegener", sagt Schmidt.

Dabei passt nüchtern und kühl so gar nicht zur Firmenkultur. "Bei uns stehen die Menschen im Mittelpunkt", sagt Holger Schmidt. Flache Hierarchien, ein familiärer Umgang und natürlich das "Du" gehören dazu. Man glaubt es dem 37-Jährigen mit dem jungenhaften Gesicht gerne. Außerdem waren die Firmengründer allesamt Ingenieure. Und diese Lust am Tüfteln, den Mut, Neues auszuprobieren, hat sich der Konzern erhalten.

Besonders viel Taiwan steckt in den Ratinger Büros ansonsten aber nicht. Die meisten Mitarbeiter kommen aus der Region, Englisch ist die Firmensprache - und manchmal necken die Kollegen in Asien ihre deutschen Kollegen schon mal: "Ihr macht ja alles sehr solide, aber seid nicht schnell genug", zitiert Holger Schmidt - und muss lachen.

Denn langsam findet er sich nun gar nicht. Doch in einer Branche, deren Produkte in Nanosekunden zählen, hat Zeit eben eine etwas andere Bedeutung. Bei Asus liegen zwischen einer Produktidee und der Auslieferung oft nur drei Monate.

Umso beachtlicher ist die Zeitspanne, die es das Unternehmen nun schon in Ratingen hält: 18 Jahre - also eine kleine Ewigkeit. Und gerade mal zwei Jahre weniger, als Asus alt ist. Auch Holger Schmidt ist schon lange dabei: Vor zehn Jahren ist er als Werksstudent bei Asus eingestiegen. An einen Wechsel denkt er trotzdem keine Sekunde: "Dieses Unternehmen ist enorm spannend."

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