Ratingen: Musik um der Musik Willen

Das Pilotprojekt an Grundschulen hat sich bewährt. Seine Zukunft ist dennoch ungewiss.

Ratingen. Ob es Zufall oder Absicht ist, dass der Schulausschuss am Dienstag in der Musikschule tagt, ist nicht überliefert. Aber wenn es geplant ist, dann ist es eine gute Idee. Es gibt nämlich etwas zu besprechen. Und der Leiter der Musikschule, Paul Sevenich (44), ist nach eigenem Bekunden schon sehr gespannt, wie die Fachpolitiker auf das reagieren, was er in einer lesenswerten Beschlussvorlage zusammengefasst hat.

Darin geht es um die sogenannte Basismusikalisierung in Grundschulen. Hinter diesem schwer verdaulichen Begriff verbirgt sich ein Projekt, das Sevenich in höchsten Tönen lobt und dessen Fortsetzung er sich ebenso wünscht wie die vielen Eltern, deren Kinder in den Genuss eines hochqualifizierten Musikunterrichts gekommen sind. "Die Erfahrungen sind durchweg positiv", sagte Sevenich der WZ am Donnerstag. Auch von den Grundschulen und den betroffenen Eltern werde eine Fortsetzung des Projektes gewünscht.

Seit einem Jahr unterrichten Pädagogen der städtischen Musikschule insgesamt 110 Kinder in der Anne-Frank- und Christian-Morgenstern-Grundschule. Zumindest dort soll das Projekt fortgeführt werden. Die Basismusikalisierung geht auf eine Initiative der aktuellen Landesregierung zurück. "Jeki" - jedem Kind ein Instrument soll möglichst alle Kinder in NRW an Musik heranführen. Bisher beschränkt sich die Förderung des Landes in der Hauptsache aber auf das Ruhrgebiet, wo es laut Sevenich allein 22000 Jeki-Kinder gibt.

Wie andere Kommunen ist auch Ratingen grundsätzlich daran interessiert, das Projekt möglichst auf alle Grundschulen auszudehnen. Damit aber verbinden sich der Beschlussvorlage zufolge derzeit unlösbare Probleme. So rechnet Sevenich vor, dass die Ausweitung auf drei bis fünf weitere Schulen allein Personalkosten in Höhe von fast 50 000 Euro pro Jahr verursacht. Das Land will in seinen Nachtragshaushalt jedoch nur 600 000 Euro für ganz NRW einstellen. Das reicht nicht für alle. Und die Städte selbst sind angesichts der Wirtschaftskrise auch nicht in der Lage, die Kosten zu decken.

Also bleibt aller Voraussicht nach zunächst alles beim Alten. Das hat den Nachteil, dass sich 15 von 17 Grundschulen weiter gedulden müssen. Und es hat den Vorteil, dass sich die hiesigen Politiker in Ruhe noch einmal mit dem Thema befassen können.

Denn ob es nun "Jeki" heißt oder "Basismusikalisierung" - es ist längst nicht alles Gold, was glänzt. Mit dieser Erkenntnis hält auch Sevenich nicht hinter dem Berg. Er warnt beispielsweise davor, die Basisinstrumentalisierung in Grundschulen gegen die Musikschule auszuspielen. "Es besteht die Gefahr, dass Auswirkungen wie besseres Lernverhalten, mehr soziale Kompetenz und Entwicklung der Intelligenz als Primärziel des Musikunterrichts verstanden wird", sagte Sevenich.

Dies geschehe seiner Ansicht nach aber nur, wenn die Kinder ehrliches, innerliches Interesse an Musik hätten. Deshalb müsse es das Ziel seiner Schule bleiben, Musikunterricht um der Musik Willen zu erteilen, sagte Sevenich. "Wir müssen das Eine tun, ohne das Andere zu lassen."

Andererseits zeigt die Statistik, dass die Musikschule von dem Projekt profitiert. Die Zahl der Schüler ist von 1200 auf 1400gestiegen. Doch auch diese Medaille hat zwei Seiten. Auf der negativen Seite stehen Wartelisten, die länger werden. "Das ist in Ordnung bei Instrumenten, bei denen wir etwa durch die Schullaufbahn, beispielsweise durch das Abitur größere Fluktuation haben", erklärt Sevenich.

Bei anderen Instrumenten jedoch sei das schlecht. "Wenn Kinder zu lange waren müssen, wenden sie sich wieder ab", sagt der Musikschulleiter.

Das heißt mithin, dass mit dem Projekt Basismusikunterricht auch die Musikschule wachsen müsste. Es gibt viel zu besprechen im Schulausschuss am Dienstag.

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