Ratingen: Jobs, die an die Nieren gehen

Psychisch Kranke, verwahrloste Wohnungen und herrenlose Tiere fordern oft alles ab.

Ratingen. Sie stehen auf der Beliebtheitsskala der städtischen Mitarbeiter nicht gerade auf den oberen Rängen. Vor allem bei denen, die mit ihnen zu tun bekommen. Wenn aber andererseits irgendwo in der Stadt etwas im Argen liegt, wird gleich nach ihnen gerufen: die Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes. Und dann sollen sie sofort eingreifen und Abhilfe schaffen.

Ob abgemeldete Autos, die irgendwo abgestellt wurden, eine Hecke, deren Zweige auf den Bürgersteig ragen, oder Hunde, die unangeleint auf einem Kinderspielplatz herumtoben - tagtäglich gehen Beschwerden beim Ordnungsamt ein. "Und die Leute erwarten, dass unsere Leute alles stehen und liegen lassen und sofort rauskommen", sagt Amtsleiterin Barbara Arndt.

Doch die sechs Mitarbeiter haben auch Aufgaben zu bewältigen, von denen die Öffentlichkeit kaum etwas mitbekommt, die aber für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind. Wer weiß schon, dass im Durchschnitt alle drei Tage eine Person in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen werden muss - mit Hilfe der Ordnungsamtsmitarbeiter.

"Immer wenn Gefahr für die Person selbst oder andere besteht, müssen wir handeln", sagt Arndt. Und dann läuft ein aufwändiges und zeitintensives Verfahren: Was wissen andere Behörden und Verbände? Handelt es sich um einen Jugendlichen oder eine betreute Person? Ist ein Gewaltpotenzial gegeben? Was kann der Hausarzt sagen? Und alles muss schnell gehen.

Nach richterlicher Genehmigung und mit Hilfe des Rettungsdienstes wird die betroffenene Person dann meistens in die Fliedner-Klinik gebracht - fast immer mit Polizeischutz. Häufig haben die Betroffenen schwerste Alkoholprobleme - verbunden mit aggressivem Verhalten. Manche "Kunden" kennen die Außendienstler schon, weil sie es immer wieder mit ihnen zu tun haben. Ein paar Stunden dauert ein solcher Einsatz, der eine Innendienstkraft und zwei Außendienstkräfte bindet. In dieser Zeit müssen wuchernde Hecken oder abgestellte Rostlauben zurückstehen.

Häufig zieht ein solcher Psychiatrieeinsatz noch andere Einsätze nach sich. Wenn der Eingewiesene ein Haustier hat, muss sich das Amt darum kümmern. Gleiches gilt bei Zwangsräumungen, oder Sterbefällen. Neben Hunden, Katzen und Vögeln werden die Mitarbeiter auch mit Exoten konfrontiert: "Salamander, Schlangen, Fische, ein verletzter Greifvogel - alles schon gehabt", weiß Abteilungsleiterin Rita Mitic.

Der "Kracher" war aber ein trächtiges Hängebauchschwein, das plötzlich neun Ferkel warf. "Wir konnten aber alle ohne Probleme vermitteln. Da muss man kreativ sein und improvisieren."

Richtig an die Nieren gehen aber Einsätze, wenn verwahrloste Wohnungen gemeldet werden. Manchmal ahnen die Mitarbeiter schon am Geruch im Hausflur, was sie hinter der Wohnungstür erwartet. Mitic erinnert sich an einen Fall, als ihnen beim Öffnen der Tür schon der Müll entgegen purzelte. "Die ganze Wohnung war voller Dreck und Abfälle, kein fußbreit Boden mehr sichtbar."

In einer anderen Wohnung türmte sich der Müll hüfthoch, ganz unten befand sich eine dicke Schicht mit Maden. Den bisher schlimmsten Fall werden die Mitarbeiter nie vergessen: Der Bewohner hatte - trotz funktionstüchtiger Toilette - seine Notdurft in der Badewanne verrichtet, die dadurch fast randvoll geworden war.

Das "kleine Geschäft" war in Flaschen abgefüllt worden. Die ganze Wohnung stank bestialisch. Die Außendienstmitarbeiter müssen dann Entsorgung, Entrümpelung und Desinfektion in die Wege leiten.

Solche Einsätze gehen aufs Gemüt. Dagegen sind die Routinekontrollen fast Entspannung. Obwohl auch manche Hundebesitzer nicht gerade ein Ausbund an Freundlichkeit sind, wenn sie nachdrücklich auf bestimmte Pflichten und Verbote hingewiesen werden.

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