Ratingen: Große Oper, kleinste Besetzung

Voices: Mozarts „Don Giovanni“ in einer minimalistischen Inszenierung.

Ratingen. Die Oper ist eine Kunstform, die wie kaum eine andere polarisiert: Für die einen ist sie der höchste Ausdruck abendländischer Kultur, für die anderen eine endlose Aneinanderreihung von überkandideltem Geschrei. In einem Punkt sind sich aber wohl alle einig: Zu einer richtigen Oper gehören bombastische Bühnenbilder und pompöse Kostüme, gewaltig inszenierte Bilderwelten und Massenszenen. Insofern lieferte der zweite Abend des Ratinger "Voices"-Festivals das genaue Gegenteil, denn am Mittwochabend gab es die wohl denkbar minimalistischste Fassung von Mozarts "Don Giovanni" im Stadttheater.

Sämtliche Rollen wurden von Kabarettist Michael Quast und Chansonette Sabine Fischmann gegeben, begleitet nur von Markus Neumeyer am Klavier. Kein Bühnenbild, fast keine Requisiten - wie soll das bitte funktionieren? Nun, es funktionierte ganz hervorragend und überzeugte auch diejenigen, die es vor der Oper sonst graust. Denn Quast und Fischmann konzentrierten sich auf ein viel zu selten gesetztes Ziel: Oper sollte endlich wieder Spaß machen, und zwar allen! Immerhin hatten Mozart und sein Librettist Lorenzo Da Ponte ein "Dramma giocoso" geschaffen, also eine Tragikomödie, und eben den komödiantischen Teil stellte das Trio in den Vordergrund. Da wurde der Komtur mit dem Buttermesser erdolcht, das Bauermädchen Zerlina klang so, als käme sie aus einem Frankfurter Vorstadt-Ghetto und die abstruse Handlung wurde immer wieder liebevoll-ironisch kommentiert.

Mit geradezu schlafwandlerischer Sicherheit gelang den Akteuren die beachtliche Gratwanderung, der anspruchsvollen Vorlage gerecht zu werden und gleichzeitig ohne übertriebene Rücksichtnahme an den Stoff heran zu gehen. Weder ließ man sich von Ehrfurcht bremsen, noch lieferte man respektlose Albernheiten als Selbstzweck, sondern präsentierte lediglich den Don Giovanni aus einer anderen Perspektive, die zweifellos von einer großen Liebe für die Oper und die klassische Musik zeugte.

Etwas mehr von dieser Begeisterung hätte man sich auch vom Publikum gewünscht - das Parkett im Theater war gerade einmal zur Hälfte gefüllt. Für die Veranstalter war aber kein Grund zur Panik: "Empfehlen sie es weiter, dann wird sich das Festival in den nächsten Jahren als feste Instanz in NRW etablieren", zeigte sich Organisator Peter Baumgärtner zuversichtlich.

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