Projekte einer Theaterpädagogin

Ute Kranz inszeniert als freischaffende Theaterpädagogin Stücke mit Jugendlichen, aber auch Erwachsenen.

Velbert. In der Aula der Musik- und Kunstschule stehen Einkaufswagen. Auf den Stühlen liegen Handschellen, Reklamezettel, Partyhüte und ein Umhang aus Goldfasern. Wichtige Requisiten, denn im aktuellen Stück des Theaterkurses Mini-Art geht es um Rumpelstilzchen. Unter Anleitung von Theaterpädagogin Ute Kranz haben Kinder zwischen zehn und 14 Jahren das Märchen um Gold und Gier in die Gegenwart transferiert:

Der König ist Chef von Aldi, der Müller ein Filialleiter, seine Tochter arbeitet unerlaubt im Supermarkt mit. Damit sie im Betrieb bleiben darf, behauptet ihr Vater: „Meine Tochter kann aus Dosengemüse Gold machen!“

Das ist schräg und doch sympathisch — wie vieles, was Ute Kranz tut. „Lauter! Langsamer! Nehmt endlich mal die Texthefte aus der Hand!“ Die 42-Jährige motiviert in der Probe ihre Schüler. Keine leichte Aufgabe. Als Theaterpädagogin ist sie quasi auch Sozialtherapeutin. Hat sie schließlich gelernt.

Während Kranz in Essen Sozialarbeit studierte, steckte sie ihr Geld „wie besessen“ in Theater-Fortbildungen. Fünf Jahre arbeitete sie beim Internationalen Bund, beim Jugendamt in Hattingen, betreute Azubis und Aussiedler, machte mit Arbeitslosen aber auch Theater. „Das war der Wendepunkt, mich ganz auf die Bühne zu konzentrieren.“ Sie nahm sich ein Jahr Auszeit und absolvierte eine Ausbildung zur Theaterpädagogin.

Mittlerweile ist die 42-Jährige eine gute Seele des Velberter Kinder- und Jugendtheaters. Lebhaft, freimütig „und sehr emotional“, betont Kranz. „Es gibt Phasen, in denen ich extrem müde bin und mich Erlebnisse umwerfen können. Früher habe ich gedacht: Du musst funktionieren. Wenn das nicht klappt, hast du versagt.“

Doch sie lernte: Scheitern ist relativ. Bei einem Projekt mit der Diakonie vor einigen Jahren sollten Obdachlose ihre Geschichte erzählen. „Die waren anfangs beseelt, sprühten vor Ideen. Aber wenn Probleme auftauchen, geben diese Menschen schnell auf.“ Das Projekt bröselte auseinander. Sie war geknickt, die Diakonie jedoch zufrieden: Für die Obdachlosen zählte, sich zu offenbaren, ohne bewertet zu werden. „Da habe ich gelernt: Es geht nicht immer darum, auf der Bühne zu stehen und alles klatscht.“

Ute Kranz, aufgewachsen am Kostenberg, wohnt seit 2004 am Nevigeser Kirchplatz. „Ich konnte mir kein Auto leisten, bin aber viel unterwegs. Und in Neviges gibt es einen Bahnhof.“ Seit 1994 inszenierte Ute Kranz rund 35 Stücke, neben der Musikschule unter anderem für das junge Börsenensemble Wuppertal und das Consol Theater Gelsenkirchen.

Sie realisiert Schulprojekte, bietet Bewerbungstraining und Unternehmenstheater an. Ihr Konzept habe zwei Standbeine: „Das eine ist Freude. Ich weiß, dass jeder Mensch gern spielt. Jeder ist als Kind in Rollen geschlüpft, um etwas auszuprobieren. Durch das Theaterspiel erschließen wir uns die Welt und transportieren sie ans Publikum.“

Das zweite sei Toleranz: „Jeder Mensch hat das Recht zu sein, wie er ist.“ Ihr künstlerischer Stil sei es, „mit wenig viel zu machen“, zuletzt in ihrer Version der „Odyssee“ als Zweipersonen-Komödie: Einzige Requisiten waren zwei Mülltonnen und zwei Wischmopps.

Auch Schillers „Räuber“, mit denen sie nun ebenfalls Premiere feiert, werden puristisch und modern: Hauptfigur Franz Moor „sieht aus wie ein BWL-Student“ und ist siebenfach besetzt. Man merkt: Sozialarbeit und Theaterpädagogik haben viel gemeinsam. Besonders im Leben von Ute Kranz.

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