Offene Kreuzkirche: Polsterstühle statt Bänke

Zwischen 1907 und 1910 entstand der neuromanische Zentralbau auf einem kreuzformigen Grundriss. Die zentrale Anlage befindet sich im Düsseldorfer Stadtteil Pempelfort. Ab 1972 bekam der Innenraum der evangelischen Kirche ein neues Gesicht, das während der Sanierung 2005 noch einmal verfeinert wurde.

Offene Kreuzkirche: Polsterstühle statt Bänke
Foto: Sergej Lepke

Ein Plakatständer informiert Besucher und Passanten, die vor der Kreuzkirche an der Collenbachstraße in Düsseldorf stehen: „Die Kirche steht Ihnen offen, treten Sie ein.“ Bereits seit zehn Jahren ist der komplexe Bau mit seinem 60 Meter hohen, achteckigem Turm und vier kleineren Türmen im Stadtteil Pempelfort „offene Kirche“. Ein ehrenamtlicher Mitarbeiterkreis ermöglicht die Öffnung der Kirche außerhalb der Gottesdienstzeiten (sonntags 10.30 Uhr) und unabhängig von Veranstaltungen. Montags bis freitags jeweils von 11 bis 13 Uhr und 17 bis 19 Uhr ist hier jeder willkommen. Um das ganz deutlich zu demonstrieren, hat Innenarchitektin Birgit Schwarzkopf im Zuge der Restaurierung 2005 ein Zeichen gesetzt: Die Bodenplatten, die bislang nur im Kirchenvorraum lagen, sind nun auch vor den Portalen am Haupteingang verlegt. Die Kreuzkirche öffnet sich mit dem einheitlichen Basaltina-Belag bereits vor dem Eingang der Öffentlichkeit.

Offene Kreuzkirche: Polsterstühle statt Bänke
Foto: Kreuzkirchengemeinde

Birgit Schwarzkopf ist eines von heute rund 5000 Gemeindemitgliedern. Die 59-Jährige gehört dem Bauausschuss an und spricht vom großen Glück, 2004 auf „flache Hierarchien“ in der Gemeinde gestoßen zu sein und lobt noch heute die „schnelle Entscheidungsfindung“. Auslöser war der kaputte Boden im Innenraum der Kirche, der eine Sanierung nötig machte. Sonst wäre vermutlich nichts passiert. So aber konnte sich die Düsseldorfer Innenarchitektin in nur vier- bis fünfmonatiger Planungsphase sogar mit der Umgestaltung des Vorraums beschäftigen. Der war nicht besonders hell und eine abgehängte Decke versteckte nicht nur Technik, sondern auch das wunderbare alte Gewölbe — im Vorraum wie im Eingangsbereich. Das hatte sie auf alten Bildern und Plänen entdeckt und ließ das Gewölbe, das den Eingangsbereich jetzt wieder großzügig erscheinen lässt, freilegen. Die alte Architektur von Regierungsbaumeister Carl Wilhelm Schleicher aus dem Jahr 1907 bis 1910 ist somit wieder zu sehen.

Diese wieder erlangte Großzügigkeit des Eingangsbereiches setzt sich im Innenraum der Kreuzkirche fort. Schon 1974 war dieser umgestaltet worden: „Damals haben wir bereits die Bänke herausgeholt und den Raum kreisförmig bestuhlt“, erzählt Pfarrer Bernd Wegerhoff. Die langen, starren Bänke findet man heute noch auf den beiden Emporen.

Offene Kreuzkirche: Polsterstühle statt Bänke
Foto: Sergej Lepke

Sie werden gebraucht, wenn es zu den Weihnachtsgottesdiensten voll wird. Zwischen 80 bis 800 Menschen besuchen die Gottesdienste heutzutage. Etwa drei Prozent der Gemeindemitglieder sind regelmäßig dabei.

Offene Kreuzkirche: Polsterstühle statt Bänke
Foto: Sergej Lepke

Sie nehmen dann auf den rot gepolsterten Stühlen um den kleinen Altar herum Platz. Diese kreisförmige Bestuhlung hat auch Architektin Birgit Schwarzkopf 2005 wieder aufgenommen. Und das rote Polster der Stühle hebt sich ab vom hellen Bodenbelag aus Quarzit. Es passt harmonisch zusammen, die Farben wirken sehr einladend. Pfarrer Wegerhoff ist der helle Boden allerdings etwas zu pflegeintensiv, „wenn beispielsweise mal Kuchenkrümel darauf fallen.“

Der neue Boden ist so verlegt, dass er genau mittig vom Eingangsbereich geradewegs zum Zentrum der Kuppel führt. Diese ist ein Hingucker in der evangelischen Kirche in Pempelfort. Sie ist 26 Meter hoch und ein Mosaik vorwiegend in den Farben Gold, Blau und Schwarz schmückt sie. „Das ist gar kein Mosaik, es sind Zeichnungen nach den Originalentwürfen von Carl Wilhelm Schleicher“, erklärt Pfarrer Bernd Wegerhoff, der sich eine Reinigung der Kuppel wünscht, damit die Farben wieder mehr strahlen. Doch dafür fehlt das Geld.

Schließlich ist die Kreuzkirche zurzeit außen eingerüstet. Pfingststurm Ela hatte 2014 starke Schäden am Dach angerichtet. Ein Gutachten hat ergeben, dass das komplette Dach und die Oberkante aller Fassaden saniert werden müssen. 350 Arbeitstage sind vorgesehen, eine Versicherung zahlt die Wiederherstellungskosten. Pfarrer Wegerhoff hofft, dass der Bau aus Heilbronner Sandstein im Herbst 2018 wieder gerüstfrei ist. Genaue Zeiten und Kosten seien schwer vorhersehbar, für solche Großbaustellen.

Das erfuhr Carl Wilhelm Schleicher schon 1907. Damals ging eine Firma, die die Eisenbetonarbeiten ausführte, pleite. Die Arbeiten mussten neu vergeben werden, die Kosten stiegen und die Bauzeit verlängerte sich.

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