Neviges: Schloss Hardenberg - Freier Blick auf die Schäden

Im Inneren von Schloss Hardenberg sind die Sanierungsarbeiten bereits in vollem Gange. Die Handwerker legen die historische Bausubstanz frei.

Neviges. Absperrgitter, einige Baugeräte, ein mit Schutt gefüllter Container - viel ist außerhalb von Schloss Hardenberg von Bauarbeiten nicht zu bemerken. Doch der Eindruck täuscht. Im Westflügel, dem ältesten und ursprünglichsten Gebäudeteil, sind Handwerker seit Mitte Dezember mit der Sanierung beschäftigt.

Wer das Foyer der alten Wasserburg betritt, stößt als erstes auf eine Sperrholzwand, die den Treppenraum abschirmt: "Er soll geschont werden", erläutert Udo Misiak, Bautechniker der städtischen Fachabteilung Umwelt und Stadtplanung.

In der letzten Januarwoche wird deshalb an der Südfassade ein Gerüst mit Treppenaufgang, Lastenaufzug und Rampe aufgebaut, über das sämtliche Materialien ins Gebäude transportiert werden. Um die Wehrgänge, die im Eingangsbereich des Schlosses neu abgestützt wurden, nicht durch Container zu belasten, reicht die Rampe dann weit über die Gänge hinaus.

Das draußen leise hörbare Knattern kommt aus den ehemaligen Räumen des Stadtarchivs: Robert Lemmens stemmt mit einem Presslufthammer Fliesen von den Wänden. In der ehemaligen Großküche des Schlosses, später das Magazin des Archivs, legt der Langenfelder für die Statiker Träger in der Wand frei.

Ein Blick nach oben offenbart jahrzehntelang durch Zwischendecken verborgene Schäden: Die massive Decke aus jahrhundertealten Eichenbalken ist durchgebogen, tragende Balken sind gebrochen. Stahlträger, bei der letzten Sanierung vor über 40 Jahren montiert, stützen das Gebälk, doch selbst einem Laien ist klar, dass die Decke in diesem Zustand auf Dauer nicht mehr tragfähig ist.

"Ob sie noch saniert werden kann oder ein Austausch erforderlich ist, wird später mit den Denkmalbehörden abgestimmt", sagt Misiak. Schmerzlich vermisst werde der zur Zeit erkrankte oberste Velberter Denkmalschützer Roland Dabrock: "Er fehlt hier an allen Ecken und Enden."

Der Weg führt weiter in den Keller, in die Räume unter Rittersaal und Trauzimmer. In den tonnenförmigen Gewölben befanden sich früher Toiletten für die Besucher und ein Duschraum für die Forstmitarbeiter. Davon ist nicht mehr viel zu erkennen, das Mauerwerk ist weitgehend freigelegt. Nur noch an einigen Stellen sind die scheußlichen gelben Fliesen aus den 1960er-Jahren zu erkennen.

Ein enges Gewirr von Holzbalken durchzieht die Räume; in der hintersten Ecke der Gemeinschaftsdusche verschraubt Zimmermann Jörg Hinz gerade die letzten Bohlen: Das Holz stützt die sanierungsbedürftige Gewölbedecke. "Möglicherweise muss im Rittersaal und auch im Trauzimmer das Parkett aufgenommen werden, um den Gewölberücken einsehen zu können", erklärt Misiak.

Die freigelegten Kellerwände offenbaren unterdessen Einblicke in die Baugeschichte des Schlosses. Wozu diente wohl der knapp 1,60 Meter hohe, vermauerte Durchbruch in der Bruchsteinwand? Das quadratische, zugemauerte Loch mit Bogensturz knapp über dem Boden - ein ehemaliger Kamin, ein Lüftungsschacht? Glatte, behauene Steine fassen eine Türleibung ein: "Das ist Trachyt, ein vulkanisches Ergussgestein", erklärt Steinmetz Klaus Poniatowski.

So habe der Durchgang ursprünglich ausgesehen, bevor er viel später mit Putz verkleistert, von Holz verdeckt wurde, erklärt der Kölner, wie seine Kollegen ein erfahrener Sanierer historischer Gebäude. Es sind diese Details, die Misiak an seiner Baustelle faszinieren: "Hier stößt man immer wieder auf etwas Überraschendes."

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