Mehr Wohnungslose in Wülfrath

Weil anerkannte Flüchtlinge oft keine Bleibe finden, geraten sie statistisch in die Obdachlosigkeit. So stieg die Zahl vor Ort auf 66 Menschen an.

Mehr Wohnungslose in Wülfrath
Foto: dpa/Schlesinger

Wülfrath. Die Zahl der wohnungslosen Menschen ist in den vergangenen Jahren bundesweit deutlich angestiegen, wie die Bundesregierung jetzt mitteilte. Auch in Wülfrath macht sich der Trend bemerkbar, weil Flüchtlinge nun häufig in diesen Status rutschen. Auf Nachfrage der WZ teilte die Stadt mit, dass es derzeit 66 Wohnungslose gibt. Sozialamtsleiter Mike Flohr erklärt: „Davon sind zur Zeit 50 anerkannte Flüchtlinge, die noch nicht in eigenen Wohnraum vermittelt werden konnten.“

Die Zahl der „klassischen Fälle“ sei hingegen relativ konstant und liege aktuell bei 16. „Diese Menschen haben meistens einen breiten Strauß von Problemen“, so Flohr. Mietrückstände sind eine häufige Ursache, die oft mit einer allgemeinen Verschuldung zusammenhängen, die wiederum mit einer Sucht in Verbindung stehen kann. „Dazu kommen als Auslöser Konflikte im elterlichen Haushalt, Scheidungen, eine Haftstrafe oder auch Vermüllung“, erklärt Mike Flohr.

Anders als in den Großstädten gibt es nach Kenntnis der Verwaltung in Wülfrath keine Menschen, die auf der Straße leben und in eigens eingerichteten Schlafstellen nächtigen. Die Obdachlosenunterkunft in Schlupkothen ist eine Art letztes Fallnetz, das in der Regel alle auffängt. Irgendwie. „Nur wer grob gegen die Regeln verstößt, kann theoretisch auch der Einrichtung verwiesen werden. Das ist aber noch nie passiert“, sagt Flohr.

Rund die Hälfte der Schlupkothen-Bewohner leben schon länger dort. „Manche haben sich eingerichtet, weil es eben einfacher ist, beim Status quo zu bleiben“, so Flohr. Das ist eigentlich nicht im Sinne der Stadt. „Das Ziel ist es, alle in normalen Wohnraum zu vermitteln.“

Dabei soll die Betreuung in Form einer Sprechstunde helfen, bei der Mitarbeiter der städtischen Fachstelle und der Diakonie in die Unterkunft kommen. Geholfen wird nur dem, der Hilfe zulässt. Flohr: „Die Entscheidung, sich beraten zu lassen, muss jeder selber treffen.“

Durch die Flüchtlingsströme ist die Gruppe der Wohnungslosen aber heterogener geworden. Die 50 anerkannten Flüchtlinge ohne eigene Bleibe, von denen nur zwei in der Obdachlosenunterkunft leben und der Rest noch in städtischen Asylunterkünften geduldet werden, scheitern in der Regel einfach an der Aufgabe, eine Wohnung zu finden.

Inga-Flüchtlingshelfer Jürgen Luckhardt kennt die schwierige Situation: „Wenn jetzt immer mehr Menschen anerkannt werden, könnte das zum Problem werden.“ Gerade Wohnungen in einer für die Flüchtlinge bezahlbaren Dimension unter 40 Quadratmetern gebe es zu selten. Und dann stellt sich noch eine weitere Hürde: Oftmals starten Flüchtlinge als Bezieher von Sozialleistungen. „Viele Vermieter scheuen sich davor, einem Hartz-IV-Empfänger eine Wohnung zu vermieten“, sagt Luckhardt, der selbst laufend mit Migranten zusammen auf Wohnungssuche ist. Allein bei Genossenschaften und Großvermietern gebe es im Stadtgebiet kaum Probleme.

Der Druck für anerkannte Flüchtlinge, eine Wohnung zu finden, ist groß, denn das Klima im Obdachlosenheim gilt auch im Vergleich zum Asylheim als schwierig. Im vergangenen Jahr geriet die Unterkunft am Schlupkothen wegen ihres verdreckten Zustandes in die Kritik. Sozialamtsleiter Mike Flohr und die Dezernentin Michaele Berster versprachen damals, zu handeln.

Heute berichtet Flohr von einer Besserung: „Derzeit haben wir einen regelmäßigen Putzdienst und einen stark engagierten Mitarbeiter des technischen Gebäudedienstes, der alles Mögliche bewegt.“ Ein angenehmes Zuhause wird die Einrichtung wohl nie. Sie bleibt, was sie sein soll: eine Durchgangsstation.

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