Lotsen in einer komplizierten Welt

Seit 25 Jahren berät die Verbraucherzentrale die Menschen in Velbert. Heute werden oft Flüchtlinge leichte Opfer im Tarif-Dschungel.

Lotsen in einer komplizierten Welt
Foto: simba

Velbert. In den 60er Jahren liefen in den Beratungsstellen der Verbraucherzentrale (VZ) noch die Waschmaschinen und Kunden ließen sich in die Geheimnisse dieses neuen Haushaltshelfers einführen. Seitdem hat sich viel getan. „Heute kommt die Seniorin mit dem Smartphone zur Tür herein und braucht Hilfe“, berichtet Andreas Adelberger, der seit 15 Jahren die Velberter Verbraucherzentrale leitet.

„Mit der Zeit wandeln sich die Themen. Wir stehen immer wieder vor neuen großen Herausforderungen“, sagte NRW-Verbraucherzentralenvorstand Wolfgang Schuldzinski bei der Feierstunde zu 25 Jahren VZ Velbert, die gestern in der Vorburg des Schlosses Hardenberg gefeiert wurde. „Die Verbraucherzentrale ist wichtiger denn je, weil unser Leben immer komplexer wird“, würdigte Bürgermeister Dirk Lukrafka die Arbeit.

Das Jubiläum gab Anlass zu einem Rückblick auf die Arbeit der Verbraucherschützer vor Ort. 180 000 Ratsuchende haben sich in einem Vierteljahrhundert an die Beratungsstelle gewandt, die an der Friedrichstraße 107 in Velbert-Mitte zu finden ist.

Andreas Adelberger hat den Wandel eng miterlebt: Verbraucher können immer mehr Fehler machen. „Vor 30 Jahren haben die Leute sich einen Fernseher gekauft und damit war eigentlich alles klar“, sagt der Berater. Heute gebe es eine Vielzahl von Fallstricken. Wie empfange ich eigentlich mein Signal? Und: Habe ich den richtigen Vertrag oder habe ich aus Versehen direkt ein Internet-Paket mitgekauft, das ich gar nicht brauche?

Probleme mit Tarifen und Verträgen, das sind Fälle, mit denen Adelberger viel zu tun hat. In letzter Zeit geraten vermehrt Flüchtlinge in Konflikte, denn sie sind Verbraucher, die oft wegen der Sprachbarriere zu leichten Opfern werden. Adelberger habe erst kürzlich drei Frauen aus Somalia geholfen, denen im Handyshop ein „Business-Tarif“ angedreht wurde, den sie überhaupt nicht gebrauchen konnten. Adelberger: „Es kommt leider immer wieder vor, dass die Menschen etwas anderes erklärt bekommen, als dann am Ende unterschrieben wird.“

Um Flüchtlinge besser vor Tariffallen zu schützen, informiert die Verbraucherzentrale in Zusammenarbeit mit dem städtischen Flüchtlingskoordinator Timo Schönmeyer Asylbewerber im Rahmen von Workshops und Informationsveranstaltungen.

Ein großes Thema ist derzeit auch die neue Flut von Null-Prozent-Finanzierungen, die überall angeboten werden und viele Menschen in die Schuldenfalle locken. „Den Leuten wird es heute sehr leicht gemacht, etwas zu kaufen, was sie sich eigentlich nicht leisten können“, sagt Wolfgang Schuldzinski.

Recht, Technik, Ökonomie — Adelberger muss in vielen unterschiedlichen Bereichen fit sein. „Ich gehe immer wieder zu Fortbildungen“, berichtet der Beratungsstellen—Leiter, der in der Velberter Verbraucherzentrale die einzige Vollzeitstelle besetzt.

Doch bei aller Vielseitigkeit: Einmal wusste auch der Verbraucher-Experte nicht weiter. Ein Mann kam mit einer Plastiktüte ins Büro und schüttete den Inhalt auf dem Schreibtisch aus: eine Ladung Pilze. „Ich sollte ihm dann sagen, welche davon giftig sind“, sagt Adelberger lächelnd. Da konnte der gelernte Agrar-Ingenieur dann doch nur auf andere Experten verweisen. Aber die Vorstellung, dass die Verbraucherzentrale eben alles weiß — die gefiel ihm gut.

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