Velbert Kritik am 50 Vorgärten-Programm

Velbert · Für den Obst- und Gartenbauverein Neviges werden Umweltsünder auch noch nachträglich belohnt.

 Der Obst- und Gartenbauverein bezeichnet solche Flächen als „Gärten des Grauens“ und auch die Stadt Velbert möchte möglichst viele Steingarten-Besitzer zum Umdenken bewegen.

Der Obst- und Gartenbauverein bezeichnet solche Flächen als „Gärten des Grauens“ und auch die Stadt Velbert möchte möglichst viele Steingarten-Besitzer zum Umdenken bewegen.

Foto: dpa/Carmen Jaspersen

Steinwüsten bis August dieses Jahres in ökologisch wertvolleres Grün zu verwandeln, das hat sich die Stadt Velbert mit ihrem 50 Vorgärten-Programm zum Ziel gesetzt. Hauseigentümer sollen Prämien von 1000 beziehungsweise 2000 Euro zum Umdenken bewegen, damit Schotter und Kies verschwinden, Flächen entsiegelt werden und stattdessen Stauden, blühende Wiesen und Rabatten Insekten und Vögel anlocken. Zudem kann das Plus an Grün das Mikroklima in Velbert verbessern. „Bislang sind 13 Anträge eingegangen, mindestens fünf weitere befinden sich aktuell auf dem Postweg. Die Mehrzahl dieser Anträge bezieht sich auf die ökologische Aufwertung strukturarmer, doch bereits begrünter Vorgärten“, teilt die Verwaltung auf Anfrage der WZ jetzt mit.

Doch das vor zwei Wochen gestartete Programm erntet auch Kritik. Beispielsweise beim Vorstand des Obst- und Gartenbauvereins Neviges, mit seinen rund 140 Mitgliedern. „Die ökologische und klimafreundliche Umgestaltung der auch in Velbert immer häufiger zu sehenden Gärten des Grauens ist zu begrüßen. Einige unserer Mitglieder empören sich aber zu Recht, dass nun die Sünder von der Stadt auch noch nachträglich belohnt werden. Sie fordern, dass auch diejenigen gefördert werden sollten, die jahrzehntelang ihren Vorgarten mit Rasen, Rabatten und Gehölzen gepflegt haben“, so Vereinspressesprecher Armin Doll in einer Mitteilung. Dass die, die viel Zeit und auch Geld in vorbildliche Vorgärten investiert haben, nun leer ausgehen, hält auch Chritsina Sperling, die Kassiererin des Obst- und Gartenbauvereins für traurig. „Eine Würdigung der Positivbeispiele gibt es seitens der Stadt bisher nicht“, bemängelt Sperling im Gespräch mit der WZ. Die schönsten und in Bezug auf den Mix aus Obst, Gemüse und Blumen besten Gärten würde alljährlich ihr Verein auszeichnen. „2020 haben wir sogar einen Vorgarten prämiert. Dafür gab es einen Geschenkgutschein im Wert von 30 Euro und eine Tasse mit dem Motiv des Obstes des Jahres. Die Stadt steuerte die Urkunde, ein Gesteck und den Besuch des Bürgermeisters bei“, sagt Sperling.

Sie bezweifelt den geringeren Pflegeaufwand von Steingärten: „Diesem Irrglauben unterliegen ja viele Leute, aber aus Kies- oder den noch schlimmeren Schotterflächen muss schon sehr bald der sprießende Löwenzahn, Müll und Laub herausgeholt werden. Auf Letzterem können sonst Anflugsaaten gut keimen“, verdeutlicht Christina Sperling.

Zur Kritik des Vereins erklärt Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach: „Es ist nachvollziehbar, wenn Besitzer ökologisch wertvoller Vorgärten aufgrund unseres Vorgarten-Förderprogramms ihre Arbeit als nicht ausreichend honoriert beziehungsweise wertgeschätzt empfinden. Die Stadt Velbert möchte diesbezüglich hervorheben, dass sie über jeden ökologischen Vorgarten in Velbert sehr dankbar ist und jeder einzelne für den lokalen Klima- und Artenschutz gebraucht wird.“ Das 50 Vorgärten-Programm ziele darauf ab, die ökologische Aufwertung von Vorgärten dort anzustoßen, wo es eines Anreizes bedarf. Häufig fehle es den Antragsstellenden an Wissen bezüglich fachgerechter Umgestaltung, Pflanzenwahl und Pflegeaufwand, sodass eine Förderung, auch durch das Angebot einer kostenfreien Vorgartenberatung, diese Lücken schließen kann. Ein von der Stadt beauftragter Gartenmeister erstellt gerade Musterentwürfe für pflegeleichte Vorgärten, die in Kürze verfügbar sein sollen und gibt zudem kostenlos Pflege- sowie Pflanztipps, , von denen jeder Gartenbesitzende profitieren kann.

„Daneben soll Steingarten-Besitzenden eine Teilnahme nicht verwehrt werden, da auch diese mit dem notwendigen Hintergrundwissen eine nachhaltige, ökologische Veränderung einleiten können. Alle Teilnehmenden werden durch eine zehnjährige Zweckbindung zur Aufrechterhaltung und dauerhaften Pflege ihrer Vorgärten verpflichtet, ansonsten kann die Fördersumme im kompletten Umfang zurückverlangt werden. Insofern wird kein Fehlverhalten gefördert, sondern die Einsicht und der langfristigen Wille zur nachhaltigen, ökologischen Begrünung unter strengen Auflagen“, so Blißenbach weiter.

Hindernisse zur Begrünung sollen abgebaut werden, damit Velbert einen ökologischen Zugewinn verzeichne, von dem alle profitieren. „Deshalb ist die Stadt froh für dieses Vorhaben Landesmittel sowie die Zustimmung aller politischen Fraktionen gewonnen zu haben.“

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