Krankenversorgung: Neue Ärzte braucht die Stadt

Um sich von Spezialisten behandeln zu lassen, müssen Kranke oft in umliegende Städte fahren. Ein neues Gesetz könnte das ändern.

Wülfrath. „Traurig“, sagt Gertrud Brüggemann. Das Wort kommt mit Vehemenz aus ihrem Mund. Es ist das erste, was der Seniorenratsvorsitzenden einfällt, wenn sie an die Lage der ärztlichen Versorgung in der Stadt denkt. Immer wieder werde sie von Bürgern angesprochen: „Ein Urologe fehlt. Und ein Gynäkologe auch. Gerade im Alter sind viele Frauen allein und nicht mehr so mobil, dass sie einfach in umliegende Städte fahren könnten.“

Auch Bürgervereinsvorsitzende Adelheid Heiden ist nicht begeistert über die Anzahl der Ärzte. Gerade, wenn sie an die jüngere Vergangenheit denkt. Vor einigen Jahren hatte der Bürgerverein mit einer großen Initiative für den Erhalt von Not-, Haut-, und Augenarztpraxen in den Räumen des ehemaligen Krankenhauses gekämpft. „Ein Teil der Wülfrather Ärzte war damals dagegen und hat geklagt. Nur deshalb hat Wülfrath jetzt dieses Dilemma. Das muss man ganz klar sagen“, sagt Heiden.

„Es ist richtig. Es gibt bestimmte medizinische Disziplinen, die wir einfach nicht haben. Da ist Mobilität gefordert“, sagt Irene Claas. Ins Fachgebiet der Gleichstellungsbeauftragten fällt teilweise auch der Bereich Medizin. Gleichwohl ist die Stadt für das Thema Ärzte gar nicht zuständig, sondern die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO).

Im Gespräch mit der KVNO kann die Stadt maximal ihre Anliegen weitergeben. Deshalb versucht Irene Claas mit dem 2008 gegründeten „Runden Tisch Gesundheit“ einen Ausgleich zu schaffen, Bürger über Angebote zu informieren, und ein Netzwerk zu spinnen.

Selbst die KVNO, die über die Verteilung bestimmt, sind die Hände gebunden. Ob in Wülfrath ein neuer Arzt anfängt, entscheidet ein 1993 gesetzlich festgelegter Bedarfsschlüssel. Der wird aufs ganze Kreisgebiet umgelegt. Das heißt: Wenn in den umliegenden Städten genug Ärzte pro Einwohner angesiedelt sind, muss es keine neue Praxis in Wülfrath geben. „Das war zum Beispiel das Problem, als Augenarzt Dr. Pfannkuchen Wülfrath verlassen hat. Weil es in den anderen Städten Augenärzte gab, kam kein neuer“, erinnert sich Irene Claas.

Neue Zulassungen müssen daher bislang abgelehnt werden. Allerdings: „Seit Anfang des Jahres gibt es durch das neue Versorgungsstrukturgesetz auch eine neue Bedarfsplanung“, sagt KVNO-Pressesprecherin Karin Hamacher. In Zukunft soll kleinräumiger geplant werden. „Das geht aber nicht von heute auf morgen, sondern richtet sich eher danach, ob Ärzte in überversorgten Gebieten aufhören“, sagt Hamacher weiter.

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