Wülfrath Knorr-Bremse: IGM glaubt nicht an Rettung

Wülfrath · Der Konzern könne leicht die Sicherung des Standorts bekanntgeben, mache dies aber nicht. Heute Proteste in München geplant.

 Der Knorr-Bremse-Standort in Wülfrath heißt SteeringSystems, wird in der Kalkstadt aber nur Knorr-Bremse genannt.

Der Knorr-Bremse-Standort in Wülfrath heißt SteeringSystems, wird in der Kalkstadt aber nur Knorr-Bremse genannt.

Foto: Fries, Stefan (fri)

„Wir müssen leider davon ausgehen, dass wir den Standort von Knorr-Bremse Steering GmbH in Wülfrath verlieren werden.“ Hakan Civelek, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Velbert, glaubt nicht mehr daran, dass die Geschäftsführung noch ein – seit mehr als eineinhalb Jahren vom Betriebsrat und der IG Metall gefordertes – Zukunftskonzept vorlegen wird. „Es wäre eine Leichtigkeit für den Konzern, die Sicherung des Standortes bekannt zu geben, aber das macht er nicht“, so Hakan Civelek im Gespräch mit der WZ.

Er befürchtet, die Produktion der neuen Lenksysteme soll nach dem Ende der Produktion eines Zubehörteils für den Ford Transit 2019 anschließend ins Ausland verlegt werden, vielleicht nach Asien. Dort hat der Konzern den Geschäftsbereich Lenksysteme für Nutzfahrzeuge von Hitachi Automotive Systems in Japan und Thailand übernommen. Die Furcht unter den Beschäftigten ist groß, dass Knorr-Bremse die Fertigung nach Asien verlagern wird.

„Wenn chinesische Investoren ein Unternehmen in Deutschland kaufen, empören wir uns darüber, dass wir damit auch unser Know-how und damit unsere Zukunft aus der Hand geben. Wenn aber ein Unternehmen – wie die Knorr-Bremse AG mit seinem deutschen Mehrheitsaktionär – das gleiche macht, scheint es niemandem zu interessieren“, sagte Hakan Civelek. Und weiter: „Es ist ein Unding, wenn Knorr-Bremse sich hier das Know-how holt, den Betrieb in Wülfrath schließt und nach Asien verlagert“, sagte der Erste Bevollmächtigte der IG Metall.

Hakan Civelek meint zudem, dass der Multimilliardär Heinz Hermann Thiele, ihm gehört unter anderem als Gesellschafter der Konzern Knorr-Bremse, die Verlagerung seiner Produktionen ins Ausland zum Prinzip erhoben habe. „Er verschafft sich zunächst Wettbewerbsvorteile indem er zum Beispiel von den Beschäftigten in Wülfrath fordert, sechs statt fünf Tage zu arbeiten, 42 statt 35 Stunden, wobei der sechste Tag nicht bezahlt wird.“ Insgesamt seien 80 Prozent der Standorte des Unternehmers außerhalb der Tarifbindung. Um den Standort Wülfrath zu retten, haben die Mitarbeiter 2017 bis 2019 im Rahmen eines Zukunftssicherungstarifvertrags auf Teile ihres Einkommens verzichtet. Das betraf jeweils die Hälfte des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes. Das Einsparpotential beträgt laut IG Metall eine Million Euro pro Jahr – und bedeute für die Mitarbeiter durchschnittlich einen Verzicht von knapp 3000 Euro pro Person. Daran seien natürlich Bedingungen geknüpft, so Hakan Civelek. „Die Tarifvertragsparteien schließen diesen Zukunftstarifvertrag in der Erwartung, damit einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit zu leisten und damit den Standort und die Arbeitsplätze zu sichern und zukunftsfähig zu machen“ stehe ebenso im Vertrag wie die Passage „Insoweit besteht Einigkeit, dass die Beiträge der Beschäftigten aus diesem Zukunftstarifvertrag ausschließlich für dieses Ziel eingesetzt und für keinen anderen Zweck verwendet werden dürfen“.

Ende Oktober vergangenen Jahres hatte die IG Metall zu einer großen Demonstration und Kundgebung vor dem Gebäude der Knorr-Bremse Steering GmbH in Wülfrath aufgerufen, um für die Arbeitsplätze der 350 Beschäftigten zu kämpfen. Ein Ultimatum, endlich ein Zukunftskonzept vorzulegen, wurde von der Geschäftsführung nicht eingehalten. Gestern Abend gegen 23 Uhr startete ein Bus mit Knorr-Bremse-Mitarbeitern aus Wülfrath mit dem Ziel Konzernzentrale in München-Milbertshofen. Dort sollen Mitarbeiter heute ab 9 Uhr im Rahmen einer Kundgebung ihren Unmut deutlich machen. Erwartet werden auch Kollegen aus der bayerischen Landeshauptstadt. Knorr-Bremse hat heute zur Jahres-Pressekonferenz eingeladen, mit rund 60 nationalen und internationalen Medienvertretern, um über das Geschäftsjahr 2018 zu berichten.

Dieses Forum will die IG Metall nutzen. „Die Unternehmensstrategie, Betriebe erst zu übernehmen, dann die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern und weiter gegebenenfalls Arbeitsplätze abzubauen, soll keine Schule machen und ist gerade vor dem Hintergrund der M-Dax-Notierung unwürdig“, so die IG Metall.

Auf Anfrage erklärte Kämmerer Rainer Ritsche: „Das von Ihnen angesprochenen Unternehmen hat die Stadt Wülfrath bisher nicht über mögliche Verlagerungsabsichten informiert. Das Unternehmen Knorr-Bremse ist für die Stadt Wülfrath in ihrer Funktion als Arbeitsplatzgeber als auch als Gewerbesteuerzahler ein wichtiger Faktor. Eine Schließung würde ich sehr bedauern.“

Alexandra Bufe, Vice President Corporate Communications (oder Sprecherin) von Knorr-Bremse am Hauptsitz in München-Milbertshofen, sagte gestern auf Anfrage: „Es werden mehrere Optionen diskutiert, auf die einzelnen Punkte kann ich nicht eingehen. Wir wollen uns zu den Details nicht äußern.“ Die Gespräche liefen noch und es sei bisher keine Entscheidung getroffen. Alexandra Bufe stellte aber in Aussicht, dass im Rahmen der heutigen Presskonferenz in München „mehr zu dem Thema gesagt werden könnte“.

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