Wülfrath Blick in eine ungewisse Zukunft

Wülfrath · . Dagmar Osselmann ist Schaustellerin in sechster Generation. Von ihrem verstorbenen Mann hat die Mettmannerin den bekannten Diamond-Autoscooter übernommen und reist seitdem mit dem großen Fahrgeschäft durchs Land.

 Der Diamond-Autoscooter steht derzeit in Düsseldorf, aber nicht auf der Rheinwiese, sondern im „Düsselland“.

Der Diamond-Autoscooter steht derzeit in Düsseldorf, aber nicht auf der Rheinwiese, sondern im „Düsselland“.

Foto: Dagmar Osselmann

In diesem Jahr hätte sie bereits fünf Veranstaltungen – darunter die Osterkirmes in Düsseldorf, die Pfingstkirmes in Neuss und die Auftaktkirmes in Recklinghausen – hinter sich gehabt. Doch seit Dezember vergangenen Jahres steht das Berufsleben von Dagmar Osselmann still, denn Corona kam.

Für die Geschäftsfrau gleicht der aktuelle Zustand einem Supergau. Nicht einen Cent nahm das Unternehmen seitdem ein, die Ausgaben laufen jedoch weiter. „Nach der Saison investieren wir Schausteller stets in unsere Fahrgeschäfte. Das habe auch ich gemacht und 30 neue Autos für den Autoscooter bestellt. Im vergangenen Jahr noch habe ich einen Großteil der Beleuchtungsanlage erneuert. Das waren mehrere Tausend Euro“, erklärt Dagmar Osselmann, die sich noch im März dieses Jahres für die Überführung der neuen Fahrzeuge von Italien über Holland nach Deutschland eingesetzt hat.

Es fehlen klare Aussagen, wann es wieder losgehen kann

„Ich war optimistisch, dass wir am 26. März unsere Auftaktveranstaltung in Recklinghausen anfahren können“, erinnert sie sich. Mit dem Lockdown Mitte März kam jedoch alles anders. Und seitdem befindet sich Dagmar Osselmann in einem Alptraum, den derzeit zahlreiche Schaustellerfamilien durchleben. Klare Aussagen, wann Kirmes-Veranstaltungen und Volksfeste wieder starten dürfen, gibt es nämlich nicht.

Die Stadt Düsseldorf hat kurzfristig Abhilfe geschaffen und auf dem Messegelände das „Düsselland“ errichtet. Ein Freizeitpark mit rund 30 Fahrgeschäften und zahlreichen anderen Kleinangeboten. Einen Monat läuft diese „sichere“ Kirmes, deren Besucher zumindest ein bisschen Kirmesluft schnuppern dürfen. „Wobei das echte Kirmesgefühl natürlich nicht aufkommen darf und soll“, so Dagmar Osselmann, die auch mit ihrem Diamond-Autoscooter vor Ort ist. Dass jeder Gast zu einem kleinen Teil dazu beiträgt, die Zukunft der anwesenden Schausteller zu sichern, bestätigt die Unternehmerin gerne und ruft daher herzlich zum Besuch des hygienisch sicheren Freizeitparks auf.

Für die Mutter zweier Töchter beginnt nach dem „Düsselland“ jedoch wieder eine Zeit der Ungewissheit. „Und das ist wahnsinnig unfair, denn in anderen Ländern, wie etwa Frankreich, dürfen Kirmessen und andere Veranstaltungen stattfinden. Nicht aber bei uns. Das erschließt sich mir nicht.“ Um über diesen Zustand aufzuklären und dagegen zu protestieren, findet in diesem Tagen in Berlin eine offene Demonastration statt. Der Bundesverband Deutscher Schausteller, der 5300 Schaustellerbetriebe mit insgesamt 10 000 Schaustellerfamilien und 35 000 Beschäftigten vertritt, steht in stetem Austausch mit der Regierung. Lösungen für das Problem gibt es aber keine. „Und wenn jetzt noch die ganzen Weihnachtsmärkte abgesagt werden, dann gehen auch bei mir die Lichter für immer aus“, versichert Dagmar Osselmann, die schon jetzt an die Reserven ihrer Altersversorgung gehen muss.

In Wülfrath ist die engagierte Unternehmerin übrigens keine Unbekannte. Im Jahr 2012 übernahm sie als Mitglied der Schützen die Organisation der jährlichen Schützenkirmes und stand mit ihrem Autoscooter sowohl auf der alten Kirmes (dem heutigen Gelände des Angermarktes), als auch später auf der Kirmes am Rathaus. Ihr zur Seite stand stets Kirmesmeister Axel Paul, der auch heute noch die Federführung der jährlichen Kirmes innehat. Auch für ihn ist die Situation der Schausteller, zu denen er teils freundschaftlichen Kontakt pflegt, nur schwer zu begreifen. „Mich stimmt es unheimlich traurig, wenn ich an die ganzen Schicksale denke, die mit dieser Pandemie verbunden sind.“

Die Wülfrather Kirmes für dieses Jahr hat Axel Paul bereits absagen müssen. Sollte sich spontan doch noch eine Möglichkeit der Umsetzung ergeben, kann der Kirmesmeister aber schnell handeln. „Dann starten wir mittwochs mit dem Aufbau und feiern am Freitagmorgen Kirmeseröffnung. Das verspreche ich.“

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