Historisch! - Wülfrather Bürgerverein kämpfte vor 50 Jahren für Gepäckdienst

Vor 50 Jahren versuchte der Bürgerverein vergeblich, für Bahnreisende aus Wülfrath einen Gepäckdienst zu bekommen.

Wülfrath. Liegt Wülfrath auf dem Mond? Das fragte sich vor mittlerweile 50 Jahren nicht nur die lokale Presse. Auch der Bürgerverein und mit ihm zahlreiche aufgebrachte Bürger konnten nicht verstehen, was sich in Sachen Bundesbahn damals so zutrug.

Denn wer auf die Idee gekommen war, sein Reisegepäck mit dem Gepäckdienst der Bahn auf den Weg zu bringen, der konnte ebenso gut auf den sprichwörtlichen „Godot“ warten. Beide kamen nämlich nie, was die Warterei zu einer schier absurden Angelegenheit werden ließ.

Auch der Bürgerverein musste warten: Unglaubliche 15 Monate dauerte es, bis die Bundesbahn die Wülfrather wissen ließ, dass das Warten auf jemanden, der das Gepäck zum Urlaubsort befördert, sinnlos ist.

Sie sind verwirrt von dem ganzen Durcheinander und warten auf Erleuchtung? Dann wollen wir die Angelegenheit mal aufklären. Schon Anfang der 1960er-Jahre stand ein Thema ziemlich weit oben auf der Tagesordnung des Bürgervereins: Die Reisegepäckbeförderung der Bundesbahn, die es für die Wülfrather Bürger nicht gab. Bei einer Reise von A nach B konnte man in den Bus und später in den Zug umsteigen. Vor allem Senioren und Familien mit Kindern hatten deshalb zuweilen ordentlich zu schleppen. Konnte Reisende andernorts ihr Gepäck direkt beim Gepäckdienst der Bahn aufgeben, musste man sich von Wülfrath notgedrungen mit Sack und Pack auf den Weg machen.

Also beschloss der Bürgerverein, sich der Sache anzunehmen. Zwischen Januar und März 1961 landeten so mehrere Briefe des Vereins bei der Bundesbahndirektion in Wuppertal. Bis zum Sommer kam keine Antwort. Im September fand schließlich eine Besprechung statt. Der Erfolg: gleich null. Nachdem sich ein Jahr nach dem ersten Schreiben immer noch nichts getan hatte, platzte den Mitgliedern des Bürgervereins der Kragen. Sie schrieben wieder, diesmal allerdings direkt an den Bundesverkehrsminister. Auch dort hüllte man sich in Schweigen.

Lockerlassen wollten die Wülfrather dennoch nicht, also ging es munter weiter mit der Schreiberei. Ein Brief an die Bundesbahn: keine Antwort. An den Regierungspräsidenten: keine Antwort. Bis dann endlich — 15 Monate, nachdem man dort nachgefragt hatte — ein Schreiben von der Bundesbahndirektion Wuppertal eintrudelte. Dort hatte man den Taschenrechner bemüht und festgestellt, dass mit einer Sendung pro Tag in Wülfrath in Sachen Reisegepäckdienst kein Geld zu verdienen sei.

Was also lernen wir daraus? Über ein paar Minuten Verspätung bei der Bahn sollte sich keiner beklagen. Vor 50 Jahren haben manche Vorgänge dort schließlich noch Jahre gedauert.

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