Hilfsprojekt: Hilfe für Kinder in einer der verseuchtesten Städte der Welt

Ein neuer Verein will dafür sorgen, dass in einem Kindergarten im russischen Dzerzhinsk sauberes Trinkwasser fließt.

Velbert. "Was ich anfange, ziehe ich auch durch." Selbstbewusst und engagiert hat sich Fabian Schmidt (34) ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: "Dort zu helfen, wo noch keiner hilft." Er will etwas bewirken, sich nicht mit zehn anderen Hilfsorganisationen in einem Einsatzgebiet tummeln.

Und so kam er auf einen Ort, von dem die meisten gar nicht wissen, dass er existiert: Dzerzhinsk, 500 Kilometer östlich von Moskau, eine Stadt mit 261840 Einwohnern.

Die russische Stadt ist laut einer Liste des amerikanischen Blacksmith Institutes, einer privaten Organisation, die Projekte zur Beseitigung von gravierenden Umweltverschmutzungen unterstützt, einer der zehn verseuchtesten Orte der Welt. Schmidt recherchierte und stieß auf weitere Veröffentlichungen.

Zur Zeit des kalten Krieges war die Stadt ein Zentrum für die Herstellung von sowjetischen Chemiewaffen. Bis 1998 sollen bis zu 300000 Tonnen Chemieabfälle in der Region unsachgemäß entsorgt worden sein. Rund 190 giftige Chemikalien, darunter Senfgas, Blausäure und Dioxine, sind bis heute im Grundwasser nachweisbar.

Hilfe vor Ort gibt es bislang kaum. Und so packte der Velberter die Koffer und flog im März zum ersten Mal nach Russland. Dort erblickte er das Elend mit eigenen Augen: "Das Trinkwasser war gelb, es roch unangenehm", erzählt Schmidt.

Die Lebenserwartung der Menschen liegt bei durchschnittlich 45 Jahren. "Solche Zahlen haben mich zutiefst erschreckt." Schmidt besichtigte Kindergärten, die zum Teil nur über veraltete Trinkwasseraufbereitungsanlagen und marode sanitäre Einrichtungen verfügen.

Nach einer zweiten Reise im Mai entschied sich der 34-Jährige mit einigen Mitstreitern, einen eigenständigen Verein zu gründen. "Glaube versetzt Berge - Hilfe für Kinder in benachteiligten Regionen" wurde vor eine Woche offiziell aus der Taufe gehoben. Der Name steht nicht für Nähe zur Kirche, sondern soll signalisieren:

Mit Überzeugung können auch Wenige viel bewirken. Zurzeit werden die Formalitäten mit Finanzamt und Amtsgericht abgewickelt, um als gemeinnütziger eingetragener Verein anerkannt zu werden.

Elf Mitglieder sind schon beigetreten, darunter Dr.Wolfgang Meyer (Apotheke im Siepen), Matthias Kausch (Geschäftsführer Stahl- und Metallbau Kausch) und Michael Stegemann (Chef von Elektro Stegemann). Auch Bürgermeister Stefan Freitag sicherte dem Verein bereits Unterstützung zu.

Und die kann Fabian Schmidt gut gebrauchen. Der selbstständige Versicherungsmakler steckt seine ganze Freizeit in das Projekt, die Kosten bezahlt er aus eigener Tasche. "Ich bin rund um die Uhr beschäftigt. Ich hätte niemals gedacht, dass es solch eine große Sache wird." Im August wird er zum dritten Mal nach Dzerzhinsk fliegen. Bei seinen bisherigen Reisen erlebte er auch Abenteuerliches:

"Ich bin verhaftet worden, weil mir ein Stempel fehlte, gefesselt, weil ich mich zu nah an die Miliz herangewagt hatte. Aber es gab auch Momente, die mir zeigten, dass ich etwas bewegen kann." Mit dem Oberbürgermeister von Dzerzhinsk unterzeichnete er Verträge, ging auf offizielle Empfänge und stellte sein Projekt vor. Und mit dem Polizeichef trank er Wodka, um den Weg für die deutsch-russische Zusammenarbeit zu ebnen.

Als erstes Projekt soll dem Kindergarten "Svetlyatok - Glühwürmchen" geholfen werden. "Alles stammt dort noch aus dem Baujahr 1966 - auch die Trinkwasseraufbereitungsanlage", sagt Fabian Schmidt. Nach der Analyse von Wasserproben soll entschieden werden, ob die Anlage erneuert werden muss.

Außerdem sollen die Außenanlagen verschönert, die Sanitäreinrichtungen verbessert werden. Schmidt hat Kontakt zu einem Deutsch sprechenden Pfarrer, der die Arbeit vor Ort begleiten und den Fortschritt kontrollieren will.

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