Hilfe: Pfadfinder wollen Japan helfen

Die Nevigeser sammeln Spenden, um ein Wiederaufbauprojekt ihrer Partner von den St. Mary Scouts zu unterstützen. Die Tokioter Gemeinde hat zudem 42 Überlebende von Erdbeben und Tsunami aufgenommen.

Neviges. Hinter der Reaktorkatastrophe von Fukushima sind hierzulande die vielen Opfer von Erdbeben und Tsunami etwas aus dem Blickfeld geraten. Oft haben die Überlebenden alles Hab und Gut verloren und hausen nun in provisorischen Unterkünften.

Die Nevigeser Pfadfinder, die seit mehr als 20 Jahren eine Partnerschaft mit den St. Mary Scouts in Tokio-Musashino pflegen, stehen über Facebook und E-Mail in regelmäßigem Kontakt mit den Freunden in Nippon und wollen deren Hilfsprojekt zum Wiederaufbau mit einer Spendenaktion unterstützen.

Den Anstoß gab Marco Kassaskeris von den Rovern, der Gruppe der 16- bis 17-jährigen Pfadfinder. Fast täglich bekommt er via Internet Informationen von seinem Stammesbruder Yokei Shimizu: „Wir können hier doch nicht sitzen und tatenlos zusehen“, sagt der junge Nevigeser.

Zwar ist die Region um Tokio selbst relativ glimpflich davongekommen, alle Mitglieder des Partnerstammes seien wohlauf, berichtet Benjamin Johann, Leiter der Rover-Gruppe. Die japanischen Freunde hätten aber in ihrer katholischen Gemeinde die Not der Heimatlosen erlebt: „Aus den Überschwemmungsgebieten wurden 42 Überlebende aufgenommen und zunächst im Gemeindezentrum untergebracht.“

In Zusammenarbeit mit der Gemeinde hat der Pfadfinderstamm in Tokio daher eine Hilfsaktion ins Leben gerufen, die den Wiederaufbau in den verwüsteten Gebieten unterstützt.

Dazu wollen die Nevigeser ihren Teil beitragen: „Wir hatten zuerst überlegt, Lebensmittel, Decken oder Zelte zu schicken“, sagt Benjamin Johann. Dies sei jedoch wegen erheblicher Transportkosten und -dauer verworfen worden. Deshalb sollen nun Spenden gesammelt werden.

Geplant ist unter anderem, Sammeldosen und Infoflyer in den Nevigeser Geschäften aufzustellen. Entsprechende Gespräche mit dem örtlichen Handel würden gerade geführt, erläutert der Gruppenleiter.

Auch Straßensammlungen und andere Aktionen sind angedacht, bei denen alle Pfadfindergruppen eingebunden werden sollen. Aktuell werden die Rover außerdem am Sonntag nach der 11.15-Uhr-Messe selbst gebackenen Kuchen gegen Spenden verkaufen: „Wir wollen die Aktion auf möglichst breite Füße stellen.“

Marco Kassaskeris (17)

Dass die Hilfe dringend gebraucht wird, zeigte die Reaktion aus Japan: „Wir haben unsere Freunde gefragt, ob sie Spenden benötigen“, berichtet Alexander Schad. Die Antwort kam kurzfristig und lautete schlicht: „Ja!“ „Das hat uns alle sehr erschreckt“, sagt der Lagerwart der Pfadfinder. „Wir haben die Japaner als sehr zurückhaltend kennen gelernt.

Öffentlich Gefühle zu zeigen, ist aus ihrer Mentalität heraus ein Unding.“ Umso mehr überraschte die schnelle und klare Antwort: „Das verdeutlicht uns, wie schlimm es in Japan stehen muss.“

Das Leben in Tokio gehe zwar wieder seinen gewohnten Gang, weiß Vanessa Della Corte von ihrer Stammesschwester, sieht man von teilweise leeren Regalen und immer wieder auftretenden Stromausfällen ab.

Besonders häufig fragen die japanischen Pfadfinder ihre Nevigeser Freunde, was in den deutschen Medien über Fukushima gebracht wird: „In Japan wird wohl nur sehr wenig über die Zustände rund um das Atomkraftwerk berichtet“, sagt nicht nur Simon Funken.

Viele Japaner wüssten wohl gar nicht, wie schlimm es um das Atomkraftwerk und die Ausbreitung der Radioaktivität steht. Das haben auch andere Pfadfinder durch ihre Freunde in Tokio erfahren.

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