Grundsteuer B: Steuer hoch — Miete rauf

Weil die Stadt Millioneneinbußen bei der Gewerbesteuer auffangen muss, soll rückwirkend zum 1. Januar die Grundsteuer B drastisch angehoben werden.

Velbert. „Da müssen wir jetzt durch.“ Es klingen Entschlossenheit und eine Portion Trotz mit, wenn Bürgermeister Stefan Freitag diesen Satz ausspricht. Er könnte auch ebenso gut als Motto über dem Entwurf zum Nachtragshaushalt stehen, den Freitag Montagnachmittag dem Stadtrat präsentiert hat. Was der Bürgermeister der Politik zur Beratung vorlegt, ist schwere Kost: Steuererhöhungen einerseits, einschneidende Sparmaßnahmen und Abstriche andererseits.

„Das ist alles sehr unpopulär, aber es geht nicht anders“, sagte Freitag bei der Vorstellung des Nachtragshaushaltes. Bei den finanziellen Belastungen sei das Ende der Fahnenstange erreicht, „mehr geht nicht“.

Dass überhaupt ein Nachtragshaushalt aufgestellt werden muss, liegt am Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen: Statt erwarteter 45,5 Millionen Euro flossen 2012 lediglich 39,5 Millionen in die Stadtkasse. Die fehlenden sechs Millionen müssen jetzt anderweitig „reingeholt“ werden.

Nach „langem Ringen um die beste Lösung“ schlagen Freitag und Finanzdezernent Sven Lindemann vor, rückwirkend zum 1. Januar die Grundsteuer B um ein Viertel von 440 auf 550 Prozentpunkte anzuheben — der höchste Wert im Kreis. Dadurch erzielt die Stadt jährlich 3,5 Millionen Euro Mehreinnahmen.

Die Erhöhung trifft alle: Mieter, Eigentümer und Unternehmen. Freitag hat errechnen lassen, dass je nach Alter und Zustand eines Gebäudes jährlich pro Quadratmeter zwischen 50 Cent und einem Euro mehr bezahlt werden muss. Vermieter legen die Grundsteuer auf die Mieter um.

Mit Kürzungen und Einsparungen greift die Verwaltungsspitze zu weiteren finanzpolitischen Folterwerkzeugen, um das Minus auszugleichen. Ausgenommen davon ist der Sozial-, Jugend- und Kulturbereich. Bürgermeister Freitag: „Das käme die Stadt sonst später doppelt teuer zu stehen.“ Eine Erhöhung von Gebühren, Beiträgen und der Gewerbesteuer schließt die Verwaltungsspitze ebenfalls aus.

Erhöht werden soll dagegen die Vergnügungssteuer, was in diesem und kommenden Jahr 230 000 Euro einbringen kann. Gespart werden soll auch beim Personal: Fünf frei werdende Stellen sollen 2013 nicht wiederbesetzt werden, ab 2014 gilt eine halbjährige Wiederbesetzungssperre. Betroffen sind die Musikschule, der Bereich Klimaschutz und das Schloss- und Beschlägemuseum.

Mittelfristig gespart werden soll durch die Zentralisierung der Volkshochschule, der Musik- und Kunstschule sowie der Stadtbibliothek. Die VHS soll in Velbert Mitte eventuell im Forum angesiedelt werden, die Musik- und Kunstschule in Neviges (im Gespräch sind die Hardenberg- oder Heinrich-Kölver-Schule) und die Stadtbibliothek in Langenberg — wobei Ausleihen auch in anderen Stadtteilen möglich sein sollen. Durch die Verschiebung des Neubaus des Schloss- und Beschlägemuseum bis 2017 können 100 000 Euro jährlich gespart werden. Einen positiven Effekt hat die Finanzmisere der Stadt doch: Sie wird bei der Kreisumlage um 5,5 Millionen Euro entlastet.

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