Gesteinsfalte ist geologischer Glücksfall

Die sogenannte Tillmannsdorfer Falte wirkt zwar auf den ersten Blick unscheinbar, ist aber ein besonderes Naturdenkmal. Denn hier lässt ablesen, was Wissenschaftler vermutet haben.

Wülfrath. „Als ob Menschenhände mächtige Quader zu einem Gewölbe zusammengefügt hätten“, heißt es im Wülfrather Heimatbuch von 1962 zur Tillmannsdorfer Falte. Und tatsächlich ist diese unscheinbare Ecke an der Tillmannsdorfer Straße ein ganz besonderes Denkmal — auch wenn es eben nicht von Menschenhand geformt ist. Denn hier liegt der Beleg für das, was Geologen lange vermutet hatten.

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts veröffentlichte der Geowissenschaftler Alfred Wegener seine Theorie der Kontinentalverschiebung. Die besagt, dass die Kontinente nicht fest an einer Stelle bleiben, sondern sich über die Erdoberfläche bewegen und verschieben können. Alle Kontinente sollen aus einem großen entstanden sein, der in mehreren Schritten zerbrochen sein soll. Dadurch sollen einst die Ozeane und heutigen Kontinente entstanden sein.

Auch wenn Wegener nicht der erste war, der diese Theorie aufstellte, war er doch derjenige, der die Idee genauer erforschte und überprüfte. Beweise, die diese Theorie belegen konnten, waren etwa, dass die Kontinente von ihrer Form her wie ein Puzzle zu einer großen Fläche zusammenpassten. Auch, dass auf den verschiedenen Kontinenten die gleiche Gesteinsarten zu finden waren, kann als Beleg herhalten.

Der Tillmannsdorfer Sattel ist wie eine Art Fenster, das Einblick in die Struktur und den geologischen Aufbau der Tektonik in der Düsseler Landschaft gibt. Denn der Boden besteht aus vielen verschiedenen Materialien, die sich über viele Jahrmillionen dort angesammelt haben. In der Steinkohlezeit, beginnend vor etwa 330 Millionen Jahren, wurden hier zum Beispiel marine Sedimente als Kalkschlämme in einem Flachmeer abgelagert, wie es im Denkmal-Portal des Landesverbandes Rheinland (LVR) Kuladig erklärt ist. Diese Schicht bestand aus kalkhaltigen Skelettresten abgestorbener Meeresbewohner. Die Ablagerungen verfestigten sich über viele Millionen Jahre zu einem geschichteten Stein: dem Kohlekalk.

Vor etwa 290 Millionen Jahren wirkten große Kräfte im Inneren der Erde, die die Schichten gegeneinander gedrückt und aufgefaltet haben. Das Rheinische Schiefergebirge mit vielen Sätteln und Mulden entstand. Die meisten davon wurden in der Zeit bis heute durch Witterung wieder eingeebnet. An manchen Stellen sind die Aufwölbungen aber noch erhalten.

So auch an der Tillmannsdorfer Falte. Dass sich die Schichten aber so schön erkennen lassen, sei auch für solche Phänomene etwas Besonderes, ist dem Wülfrather Heimatbuch zu entnehmen. Entdeckt wurde sie wohl einmal bei Straßenbauarbeiten, vermutet Axel Welp vom LVR. Man habe womöglich die Falte dabei angeschnitten und die Schichtung gefunden, danach den geschichteten Hügel freigelegt.

Der Geologe Henry Paul von der ehemaligen Reichsstelle für Bodenforschung hat von der Falte dann, so beschreibt es das Heimatbuch, mehrere Proben entnommen, diese gründlich wissenschaftlich untersucht und das Alter der Wölbung auf rund 250 Millionen Jahre geschätzt. Der vordere, sichtbare Teil ist dabei der jüngste, nach hinten in den Sattelkern hinein werden die geologischen Schichten immer älter. Die Wülfrather Kalkwerke pflegen das Naturdenkmal heute und haben auch zur Erklärung eine Schautafel für Spaziergänger aufgestellt.

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