Eltern-Ratgeber kommt an

Seit zwei Jahren werden junge Mütter und Väter von der Stadt angeschrieben und besucht.

Velbert. Wenn ein Mitarbeiter des Jugendamtes an der Haustür klingelt, denken viele gleich an Schlimmes. Entweder ist das Kind verhaltensauffällig, oder es besteht der Verdacht der Verwahrlosung. Doch 614 Mal löste die Visite im vergangenen Jahr auch freudige Überraschung aus:

Der Sozialarbeiter, der bei frisch gebackenen Eltern auf der Matte stand, hatte nicht nur einen dicken Ordner voller nützlicher Informationen unterm Arm, sondern auch noch ein kleines Präsent für den neuen Erdenbürger: einen Wasserball.

Mit seiner „Neugeborenenbegrüßung“ hat das Velberter Jugendamt einen echten Volltreffer gelandet: „92 Prozent aller angeschriebenen Eltern wollen den Besuch und unsere Infos“, sagt Ingrid Treitz von der Jugendhilfeplanung. Angeschrieben werden übrigens alle jungen Eltern, aber auch jene, die neu zuziehen und deren Kind noch kein Jahr alt ist.

Miriam und Marc Müters waren das erste Velberter Paar, das nach der Geburt ihres Sohnes Julius vor gut zwei Jahren das Begrüßungspaket bekommen hat. „Am besten fand und finde ich die Elternbriefe. Da bekommt man wirklich gute Informationen und Tipps — jeweils konkret auf das aktuelle Alter zugeschnitten“, erklärt Miriam Müters.

Als vor zehn Monaten Julius’ Schwesterchen Lotta geboren wurde, war es für die junge Familie keine Frage, dass der Besuch vom Jugendamt erneut willkommen ist. Treitz bestätigt: „Die meisten Familien wollen auch beim zweiten oder dritten Kind besucht werden. Denn meist kommt erst dann die Überlastung.“

Außerdem wird der dicke Info-Ordner laufend aktualisiert und ergänzt. „Ob Kindergärten, Spielgruppen — da stehen alle wichtigen Adressen und Ansprechpartner drin. Da muss man nicht lange suchen“, sagt Miriam Müters. Und die Elternbriefe lese auch ihr Mann Marc gerne. „Da werden Alltagssituationen geschildert, die gut nachvollziehbar sind — und die beruhigen: Dieses oder jenes Verhalten ist völlig normal.“

Insgesamt 46 dieser Informationsheftchen verschickt das Jugendamt bis zum achten Lebensjahr des Kindes. Finanziert wird das Projekt der Neugeborenenbegrüßung durch die Stadt und die Sparkasse als Sponsor.

Im vergangenen Jahr wurden 614 Familien besucht — bei insgesamt 644 Geburten und 40 zugezogenen Familien mit Neugeborenen eine gute Quote, sagt Ingrid Treitz. Und sie betont, dass das weniger mit Kontrolle als mit Prävention zu tun hat: Wenn Familien in den Informationen zum Beispiel erfahren, wo es Hilfe im Umgang mit so genannte Schreikindern gibt, dann verringere man damit auch die Gefahr von Schütteltraumata, wenn Eltern durch kleine Schreihälse überfordert sind.

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