Die Scheunenkirche: Schlichte Schönheit

1959 wurde die St.-Bonifatius-Kirche, ein nach Osten ausgerichteter Saalbau mit großem Satteldach und einem in Querrichtung liegenden First, geweiht. Architekt Emil Steffann hatte eine „Notscheune“ in Lothringen als Vorbild genommen. Der zurückhaltende Bau in Krefeld-Stahldorf soll vielen Menschen einen Raum bieten.

Krefeld. Vom Wehrhahnweg kommend schließt an die schlichten Reihenhäuser der Bonifatiusstraße ein vergleichsweise massives, aber nicht hoch aufragendes Backsteingebäude an. Die Front wirkt wie der Flügel eines Vierkanthofs, hinter dessen kleinen Rundbogenfenstern sich Stall oder Kammer verbergen könnten. Ein Irrtum. Es sind die Fenster der Sakristei und die Backsteinmauer gehört zum Querhaus der Scheunenkirche, Gotteshaus der Gemeinde St. Bonifatius, die Teil der Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) Maria Frieden ist. Es gibt einen dezenten Hinweis auf diese Funktion: Der Giebel des Querhauses wird nach Osten hochgezogen zum Glockenturm. Das Ensemble steht mitten in Stahldorf, eines als Arbeitersiedlung des ehemaligen Thyssen-Edelstahlwerks gegründeten Stadtteils von Krefeld.

Für den Architekten Emil Steffann war eine von ihm gebaute und als Scheune getarnte Notkirche im lothringischen Boust Vorbild für die 1958/59 gebaute St. Bonifatiuskirche, den Nachfolgebau der Rektoratskirche, der der wachsenden Gemeinde nicht mehr genügte.

Die Scheunenkirche: Schlichte Schönheit
Foto: Andreas Bischof

Die Scheunenkirche beeindruckt durch ihre Schlichtheit. Der atriumgleich angelegte Innenhof wird im Westen durch die offene Halle, im Norden durch das Hauptschiff, im Osten durch das Seitenschiff mit Sakristei und im Süden durch das Pfarrhaus gebildet. Im Zuge der jüngsten Sanierung wurde das ursprüngliche Platzkonzept aufgegriffen: keine Beete, kein Grün, sondern schlichte graue Platten und Schotter. Es ist ein Platz für Begegnungen, Gespräche und Feiern, in dessen Zentrum ein aus Basaltlava geformter Brunnen mit sechs steinernen Krügen steht — Sinnbild der Hochzeit zu Kana, 1961 geschaffen von Theo Heiermann. Die Säule trägt eine kleine, bronzene Gottesmutter.

Am Ende der zum Platz hin offenen Halle betritt man durch ein Rundportal die Kirche und steht unter einer weit heruntergezogenen, holzgetäfelten Decke an der Westwand. Rechterhand öffnet sich das Langhaus der Kirche mit ansteigendem und zum Altarraum wieder abfallendem Dach.

Decke und schlichte Eichenholzbänke, von Hugo Kükelhaus (1900-1984) entworfen, bringen Geborgenheit und Wärme in den kargen Kirchenraum mit seinen weiß geschlämmten Wänden und dem Boden aus Naturstein. „Sehr pflegeleicht“, sagt Pfarreiratsmitglied Renate Kloss, die Besuchern alle Türen öffnen kann.

Es gibt kaum Schmuck. Zwölf schlichte Apostelleuchter sind in knapp zwei Metern Höhe an den Wänden angebracht, sieben Deckenleuchten erhellen das Hauptschiff. Über Weihwasserbecken und Opferstock wacht der Heilige Antonius und auch an der gegenüberliegenden nördlichen Wand des Langhauses hängen zwei Wandteppiche: Bischof Bonifatius und die Heilige Lioba als Gobelin.

An der niedrigen Westwand hinter dem Taufstein mit einem Reliefdeckel von Elmar Hillebrand findet sich der Kreuzweg, farbintensive, quadratische Emaillearbeiten aus der Werkstatt von Egino Weinert. Die 13. Station, Jesus auf dem Schoß Marias, gibt es zweifach: Eine kleine, holzgeschnitzte Pieta aus dem 17. Jahrhundert ist in eine Wandnische eingelassen. Erst in jüngster Zeit wurde auch das entsprechende Emaille-Bild wiedergefunden und trotz der Dopplung in den Kreuzweg aufgenommen, berichtet Kloss.

Nur die quadratischen Fenster im Querhaus sind noch mit den ursprünglichen bleiverglasten Antikscheiben versehen. Die Rundbogenfenster an der Nordwand des Hauptschiffes hat der Krefelder Künstler Hubert Spierling 1973 sehr zurückhaltend in Grau- und Silbertönen gestaltet. Erst 1990 wurde auch das große Rundfenster an der Südwand als Versinnbildlichung des Himmlischen Jerusalems mit seinen zwölf Toren von ihm entworfen und von Hein Derix (Kevelaer) verwirklicht.

Schlicht und zugleich anmutig, fügt sich die Scheunenkirche selbstbewusst in die Umgebung ein. Ihre außergewöhnliche architektonische Struktur ist für die Gemeinde in Stahldorf ein Schatz.

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