Der schwere Weg ins Stadtgespräch

In Renate Weisemanns Café Schwan trifft man sich zum Klönen. Doch der Start in Wülfrath war nicht einfach.

Zeit für einen kleinen Scherz hat Inhaberin Renate Weisemann immer — besonders wenn Stammkunden da sind.

Zeit für einen kleinen Scherz hat Inhaberin Renate Weisemann immer — besonders wenn Stammkunden da sind.

Foto: Simone Bahrmann

Im Café Schwan ist um 10 Uhr Hochbetrieb. Hier möchte jemand zahlen, dort gibt es noch eine Bestellung und im Hintergrund brummt die Kaffeemaschine. Mittendrin bewegt sich Inhaberin Renate Weisemann, die gerade einmal normale Betriebstemperatur erreicht hat. Zeit für einen kleinen Scherz ist allemal. „Ich habe rund 80 Prozent Stammkunden, die ich seit Jahren kenne, da ist immer Zeit für ein privates Wort“, sagt die 65-Jährige.

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Stadtgespräch

So ist das Café an der Schwanenstraße mit den Jahren zum Inbegriff der Gemütlichkeit und einem der Top-Orte in Sachen Stadtgespräch geworden. Ein großes Thema sei noch immer die Auswirkung des Anger-Markts auf die Innenstadt. Weisemann sagt: „Ab der Schwanenstraße ist die Fußgängerzone nach hinten hin tot. Der Anger-Markt hat doch viel Kundschaft abgezogen.“ Das merkt sie daran, dass immer weniger Wülfrather den Weg in ihr Café finden. Das neue Prinzip sei: Schnell am Einkaufszentrum halten, dort alles erledigen und dann wieder fahren.

Top-Thema Nr. 2 ist auch ein altbekanntes Sorgenkind: der Zeittunnel. „Die Mehrheit ist dafür, dass er bleibt“, sagt die Gastronomin. „Er ist ja auch ein wichtiger Anziehungspunkt für Wülfrath.“

Weisemann war nicht immer so gut in Wülfrath vernetzt wie heute. Als die Wuppertalerin, die an der Grenze zu Wülfrath wohnt, ihr Café vor mehr als sieben Jahren eröffnete, merkte sie bei den Wülfrathern einen Widerstand. „Das erste halbe Jahr hatte ich es schwer, dann ging es schnell“, erinnert sie sich. Ihre Erklärung dafür: „Der Wülfrather muss sich immer erst an Neues gewöhnen.“ So war das dann später auch bei der „Bergischen Kottenbutter“. Die beliebte Speise aus dem Bergischen mit Schwarzbrot, Senf und Kottenwurst war den Wülfrathern wohl zu exotisch und überlebte nicht lange auf der Speisekarte des Cafés.

Im Gegensatz zum Wurstbrot, kamen die Einheimischen in Sachen Café Schwan ja doch noch auf den Geschmack. „Wenn man auf die Leute eingeht, dann funktioniert das“, sagt die 65-Jährige. Da hätten es Menschen ihres Alters übrigens leichter als Jüngere. „Mit Lebenserfahrung geht das besser“, weiß die Gastronomin. „Im Alter wird man gelassener.“ Sagt sie und hat schon wieder ein Tablett in der Hand. In Rente zu gehen kommt ihr nicht in den Sinn. „Dafür macht es mir zu viel Spaß.“

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