Neviges Das Leben kehrt wieder zurück

Neviges · . Von wegen es ist nichts los in der Innenstadt: Man muss sich nur mal eine halbe Stunde an Tisch des Eiscafés an der Elberfelder Straße hinsetzen und schauen – das Leben kommt nach den Corona-Beschränkungen zurück.

 Die Corona-Beschränkungen sind gelockert worden, und schon kehrt das Leben auch ins Straßencafé an der Elberfelder Straße zurück.

Die Corona-Beschränkungen sind gelockert worden, und schon kehrt das Leben auch ins Straßencafé an der Elberfelder Straße zurück.

Foto: ja/Ulrich Bangert

Es ist Samstagnachmittag, 14.15 Uhr, schwülwarm, fast ideales Wetter fürs Eisessen, wenn da nicht die drohenden, dunkelgrauen Wolken wären. Am Nachbartisch sitzen zwei ältere Damen: die mit dem grünen T-Shirt hat einen langen, schmalen Eisbecher mit blauem Fuß vor sich. Mit dem langen Löffel hat sie sich fast bis zum Boden vorgearbeitet. Ihre Nachbarin im blauen Oberteil fällt es bei ihrem kelchförmigen Glasbehälter einfacher, die mit Schokolade versetzte Eiscreme in die Mulde des Löffels aufzufangen.

Eine grauhaarige Frau schiebt einen Kinderwagen die Straße hinauf, die Augen des ungefähr zweijährigen Mädchens werden von den bunten Bilderm eines Spielzeugautomaten am Rande der Tischreihen angezogen: „Möchtest Du davon was haben?“ Die Kleine nickt. Die vermeintliche Oma lässt eine Münze verschwinden und reicht der Kleinen eine Plastikkugel. „Soll ich Dir das aufmachen?“ Abermals Nicken, und schon bearbeitet der Blondschopf mit strahlenden Augen einen weichen Ball. 14.20 Uhr: Ein junger Mann radelt mit einem schwarzen Hollandrad die Straße hinauf, der Hinterreifen hat deutlich zu wenig Luft. 14.21 Uhr: Ein Paar aus der Generation „Best Ager“ schreitet die Elberfelder Straße hinauf. Rucksack und derbes Schuhwerk verraten, dass es sich um Wanderer handeln muss. Ihre Augen schweifen entlang der Hausfassaden. 14.23 Uhr: Die Damen am Nachbartisch sind aufgestanden, der Kellner, vorschriftsmäßig mit Mund-Nasen-Schutz, räumt routiniert die Glaskelche weg. 14.24 Uhr: Ein Mountainbiker, dem weiße Ohrhörer am Hals baumeln, rollt die Straße hinunter. Er bleibt brav an der roten Fußgängerampel stehen, obwohl kein Auto kommt. Erst bei Grün tritt er kurz in die Pedale, verschwindet in Richtung Brunnenplatz. 14.29 Uhr: Eine Frau mittleren Alters in einem Sommerkleid schlendert die Straße hinab, in er Hand ein Eis am Stiel. 14.31 Uhr: Drei Jugendliche gehen die Straße hinunter, intensiv im Gespräch, sie fuchteln dabei heftig mit den Armen. 14.34 Uhr: Eine Frau in einem Rockabilly-Kleid und ein Mann mit Strohhut erscheinen, begleitet von zwei Mädchen. Eines sitzt in einem Buggy, die andere, vielleicht vier Jahre alt, hüpft daneben. Sie wird sofort vom Spielwarenautomaten angezogen und äußert lautstark ihre Wünsche: „Ich möchte so was, so was und so was.“ Sie tippt mit dem Zeigefinger auf die bunten Bilder. „Lass mal sein“, bemerkt der Vater trocken. Die Aufmerksamkeit für das Spielzeug ist sofort weg.

14.37 Uhr: Aus ersten feinen Nieseltröpfchen wird richtiger Regen: Es kommt Bewegung ins Café. Ein einsamer Eisesser findet mit seinem angefangenen Schälchen Gemischteis unter der Markise noch ein freies Plätzchen. Der Kellner hastet mit einen flachen Karton zwischen den Tischen, er bringt Speisekarten, Aschenbecher und Zuckerstreuer vor der Feuchtigkeit in Sicherheit. Der Eiskonditor hat seine Kühltheke verlassen und sammelt in Windeseile die Sitzkissen von den Stühlen ein. Danach widmet er sich wieder der Kreation von fruchtigen Eisbechern, die der Kellner einem Ehepaar mit zwei Jungs und einem älteren Mann kredenzt, die wohlweislich vor dem Schauer unter einem großen Schirm Platz genommen haben. 14.40 Uhr: Bevor die Löffel in die Arrangements aus Obst und Gefrorenem geschoben werden, nimmt die Frau ihr Smartphone, fotografiert das Eis und die Kinder, der ältere Herr macht es ihr nach. Der jüngere Knabe, vielleicht sieben Jahre alt und wie der Bruder im Bayern-München-Trikot, muss sich hinstellen, um mit dem Löffel an die eisige Leckerei zu gelangen. 14.43 Uhr: Der Regen trommelt leise auf Schirm und Markise. Ein roter Audi-Sportwagen fährt verbotenerweise durch die Fußgängerzone. Ohne an der roten Ampel anzuhalten, biegt der Fahrer nach rechts in die Wilhelmstraße ab. 14.45 Uhr: Zwei Damen haben sich auf einem freien Platz unter der Markise niedergelassen. Der Kellner serviert Sektgläser mit prickelndem Inhalt, Erdbeeren verzieren den Rand. Es regnet nicht mehr.

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