„Das ist jetzt hier der Nordring“

Auf der Umleitung am Flügelskämpchen hält sich kaum jemand ans Tempolimit. Zum Ärger der Anwohner.

„Das ist jetzt hier der Nordring“
Foto: simba

Wülfrath. Getrud Lichtenberg hat von ihrem Balkon einen guten Blick auf die Nordstraße, an der neuerdings mehr Autos denn je einbiegen. Vor ihrem Haus verläuft die Umleitung, die durch die Baumaßnahmen am gesperrten Diek, notwendig wurde. „Das ist schon eine Belastung. Wir sind das nicht gewohnt“, sagt die 84-Jährige.

Das Problem: Eigentlich sind Nordstraße und Flügelskämpchen verkehrsberuhigter Bereich. Autos dürfen dort nur Schrittgeschwindigkeit fahren, was nach richtungsweisenden Urteilen ein Tempo von maximal sieben Stundenkilometern bedeutet. „Ich würde sagen, die Hälfte der Leute hält sich nicht dran“, sagt Lichtenberg.

Eine wohlwollende Schätzung, wenn man den Schilderungen von Anwohner Oliver Behrend glaubt. „Das ist nicht mehr die Nordstraße, das ist jetzt hier der Nordring“, sagt der 49-Jährige. Dabei drücke nicht nur der Durchgangsverkehr aufs Gas. „Das sind auch die Anwohner selbst“, sagt er.

Beim Ordnungsamt sind die Bürgerbeschwerden auch schon gelandet. Gestern sagte der stellvertretende Ordnungsamtsleiter Ralph Elpers jedoch der WZ: „Die Lage scheint sich entspannt zu haben.“ In den letzten Tagen habe es keine Meldungen mehr über überhöhte Geschwindigkeiten gegeben. Die Stadt habe zusätzlich weitere blaue Schilder aufgestellt, die an den verkehrsberuhigten Bereich erinnern. Zudem sei die Polizei verstärkt vor Ort. Das berichteten auch Anwohner. Gestern sei sogar geblitzt worden.

Doch ist das bei allen Autofahrern angekommen? Die WZ wollte es wissen und hat eine Stunde lang den Verkehr im Wohngebiet beobachtet. Das Ergebnis: Die Frequenz der Autos ist nicht niedrig, obwohl der normale Durchgangsverkehr eigentlich gar nicht mehr in die Wilhelmstraße fahren soll. Trotzdem: Jede Minute rollt mindestens ein Wagen an, meistens mehrere hintereinander — und dass, obwohl es Mittagszeit in den Sommerferien ist.

In einer Stunde hält sich kein einziges Auto an die Schrittgeschwindigkeit. Die meisten rasen nicht, orientieren sich aber eher an 30 bis 40 km/h. Klar ist: Fußgänger oder gar spielende Kinder, die laut Straßenverkehrsordnung eigentlich im verkehrsberuhigten Bereich die gesamte Straße nutzen dürfen, können sich nur noch am Rand aufhalten. In zwei Fällen verirrten sich auch größere LKW, die eigentlich Durchfahrtverbot haben, in die enge Straße. Und: Einmal gab’s Gegenverkehr — in der Einbahnstraße.

Das kennen die Anwohner der Wilhelmstraße noch von den ersten zwei Tagen der Baustelleneinrichtung. Weil Umleitungsschilder fehlten, drehten verwirrte Autofahrer an der Baustelle Diek und fuhren die Einbahnstraße zurück. Wilhelmstraße-Anwohner Klaus Helmes hatte das Chaos mit eigenen Augen gesehen: „Da wusste keiner, wo er hinfahren sollte. Einmal steckten hier zwölf Autos auf der Straße fest.“ Die Schilder wurden wegen Lieferschwierigkeiten erst nachträglich angebracht.

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