Wülfrath: Ein blauer Brief vom Landrat

Finanzen: Thomas Hendele genehmigt weder den Etat noch das Haushaltssicherungskonzept. Der Landrat fordert die Stadtspitze dazu auf, „das Anspruchsdenken zu reduzieren“.

Wülfrath. Das "Nein" der Kommunalaufsicht zum Haushaltsplan 2010 und das HaushaltssicherungskonzeptV (Hausiko) kommen nicht überraschend. Der Ton, mit dem Landrat Thomas Hendele seine Ablehnung zu Haushaltssatzung und Co. begründet, überrascht jedoch sehr wohl. "Das Zahlenwerk belegt, dass die Haushaltswirtschaft der Stadt Wülfrath als äußerst desolat einzustufen ist", schreibt er und erkennt einen "enormen Konsolidierungsdruck".

Hendele verhehlt nicht, dass er die bisherigen Anstrengungen, den Haushalt zu sanieren, als viel zu gering erachtet: Einen den Vorgaben des Landes entsprechenden Konsolidierungswillen könne er nur bedingt erkennen.

Zwei Zahlen nennt er als Beleg: Für dieses Jahr hat sich die Politik - nach schwerer Geburt - auf ein Einsparpotenzial von rund 463000 Euro geeinigt. Dem steht ein kalkuliertes negatives Jahresergebnis von etwa zwölf Millionen Euro entgegen. Hendele: "Dieses Konsolidierungspotenzial ist bei weitem nicht geeignet, der Haushaltssituation konsequent zu begegnen."

Wülfrath bleibt im Nothaushalt. Die Stadt darf nur noch Pflichtausgaben bedienen. Investitionen werden auf knapp 800000 Euro begrenzt. Das sind unter anderem die Konsequenzen für einen Haushalt, der laut Hendele in der Perspektive bis 2014 "einen besorgniserregend hohen Eigenkapitalverzehr" ausweist. Ein Liquiditätsrisiko Wülfraths sei nicht auszuschließen. Auf gut Deutsch: Die Zahlungsunfähigkeit der Stadt liegt in Sichtweite.

Bevor die jedoch erreicht ist, bleibt es nicht bei maßregelnden Worten der Aufsichtsbehörden - dann setzen diese nämlich einen Sparkommissar ins Rathaus, der letztlich über die Anschaffung jeden Kugelschreibers entscheidet.

Hendele fordert die Stadt eindringlich auf, "dafür Sorge zu tragen, zeitnah wieder der gesetzlichen Pflicht zur Vorlage eines ausgeglichenen Haushalts nachzukommen. Eine Neuverschuldung für Investitionen, die sich nicht rentieren - ohne Gegenwert - sind, wie Hendele ausdrücklich betont, "unzulässig".

Er mahnt daher an, dass HausikoV schnellstmöglich umzusetzen und fortzuschreiben: Das HausikoVI steht in den Startlöchern. Jede sich bietende Möglichkeit der Ertragssteigerung und der Aufwandsreduzierung gelte es laut Hendele zu nutzen.

Um zumindest mittelfristig einen ausgeglichenen Etat zu erreichen, "ist grundsätzlich ein gemeinschaftliches und entschlossenes Handeln von Verwaltung und Politik vonnöten", sagt er. Und er appelliert weiter, dass es unabdingbar sei, "das vorhandene Anspruchsdenken deutlich vor Ort zu reduzieren". Seit langem vor Ort diskutierte Themenfelder müssten "im Sinne der im verstärkten Maße erforderlichen Haushaltskonsolidierung zum Erfolg führen" - ein Seitenhieb in der Stadtehallen-Diskussion?

Landrat Hendele weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Entscheidungsträger vor Ort sicherstellen müssen, dass Wülfrath den rechtlichen Vorgaben nachkommt. Hendele: "Ein Abwarten oder Hinauszögern der Umsetzung im Einzelfall sicherlich unpopulärer Maßnahmen kann aufsichtsbehördlich nicht akzeptiert werden."

Kämmerer Reiner Ritsche sieht seine und die Position der Bürgermeisterin durch diesen Brief bestätigt. "Wir haben auch auf die Eigenverantwortung hingewiesen, ebenso auf die Risiken der Liquidität." Er hoffe, dass die Warnungen der Kommunalaufsicht dazu führen, "dass die Haushaltsberatungen für 2011 einfacher werden".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort