Wülfrath: „Aber bereichernd war’s doch“

Der neue Rat hat ein neues Gesicht und verliert markante Persönlichkeiten wie Bettina Molitor, die immerhin zwölf Jahre Stadtverordnete und zehn Jahre stellvertretende Bürgermeisterin war.

Wülfrath. "Ich brauche jetzt die Auszeit, eine Pause. Und in fünf Jahren schauen wir noch mal." Bettina Molitor (SPD) wird nicht mehr im neuen Rat sitzen. Zehn Jahre lang war sie stellvertretende Bürgermeisterin. "Meistens hat mir das Spaß gemacht. Aber zuletzt war auch Enttäuschung im Spiel", räumt sie im WZ-Gespräch ein. Offen spricht sie über Lust und Frust im Ratsalltag.

Jugendpolitik ist für Bettina Molitor Herzenssache. Das war und bleibt ihr politischer Schwerpunkt. Da hat sie - auch als Moderatorin zwischen den politischen Polen - etwas bewegt. Umso mehr wirkt es bei ihr nach, dass "die Kindergartengebühren so sehr angehoben werden mussten und dass wir die Schulsozialarbeit kippen mussten". Sie sagt es mit Nachdruck.

Für sie steht fest, dass beide Themen auf der Tagesordnung bleiben müssen. "Bei der Schulsozialarbeit ist aber das Land in der Pflicht", sagt sie. Und bei den Elternbeiträgen "muss man mal nach Alternativen schauen". Sie deutet an, dass ihr da bereits etwas vorschwebt. "Nur weil ich aus dem Rat ausscheide, höre ich doch nicht mit der Politik auf." Sicher - in der SPD bleibe sie aktiv. Vielleicht könne sie inhaltlich Themen anschieben oder in kleine Projekte anstoßen, "eben auch im Interesse von Kindergartenbeiträgen".

Im Moment, gibt sie zu, "bin ich politisch etwas müde". Ein Grund, kürzer zu treten. Die Müdigkeit habe auch etwas mit dem "zunehmend mangelnden Respekt vor dem Ehrenamt Lokalpolitiker" zu tun. Allzu schnell werde man verurteilt, werde einem Eigeninteresse nachgesagt. "Da wird man verletzbar." Sie habe einen Trend ausgemacht, "zu mehr egozentrischer Denke. Jeder denkt an den eigenen Nutzen."

Auch die Entwicklung, dass der Wähler immer schneller bereit ist, sich kleineren, unabhängigen Gruppen anzuschließen, macht ihr zu schaffen. "Das heißt aber auch, dass wir uns zum Beispiel in der SPD die Frage stellen müssen, warum das so ist. Warum werden wir nicht mehr gehört?" Für Molitor steht fest, "dass die SPD zurzeit nicht die Wahlergebnisse kriegt, die sie eigentlich verdient hat: nämlich bessere".

Zehn bis zwölf Stunden seien es im Schnitt gewesen, die sie als Politikerin in der Woche unterwegs gewesen ist. Parallel sei sie Lehrerin mit einer vollen Stelle. Das Wochenende zur Regeneration gebe es nicht. "Darunter leiden die Sozialkontakte", sagt Molitor. Dabei lächelt sie, zuckt mit den Schultern - als müsse sie sich für diese Situationsbeschreibung entschuldigen. "Man wird bitter. Das will ich aber nicht. Das bin ich nicht." Ein zweiter Grund, kürzer zu treten.

Doch einen Abschied im Zorn nimmt Bettina Molitor nicht. Sie berichtet von berührenden Besuchen bei Jubilaren, herzlichen Kontakten zu Vereinen ("Es ist großartig, was in den Vereinen ehrenamtlich geleistet wird") und Terminen, "die mich auch stolz gemacht haben". So habe sie die Eröffnung der Synagoge in Wuppertal "nachhaltig beeindruckt". Auch die Pflege der Partnerstädte verbucht sie auf ihrer persönlichen Habenseite.

Ein Gewinn seien für sie Reden wie beispielsweise zum Volkstrauertag gewesen. "Sich auf diese vorzubereiten, sie zu schreiben, ist auch eine Auseinandersetzung mit sich selbst." Und daher gilt für: "Ja, die Zeit im Rat war doch auch bereichernd."

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