Wie das Motivationsloch gestopft wird

Ein Modellprojekt hilft in Velbert Flüchtlingen dabei, vom Sprachkurs in den Beruf zu finden.

Wie das Motivationsloch gestopft wird
Foto: Neukirchen

Velbert. Integration ist in Deutschland noch kein wohlgeölter Prozess. Nachdem Flüchtlinge in Integrationskursen die ersten sprachlichen Grundlagen erlernt haben, kann es drei bis sechs Monate dauern, bis für sie der nächste Schritt kommt: ein berufsbezogener Deutschkurs. „Diese Lücke ist ein echtes Motivationsloch“, sagt Silvia Donner, Vorstand des Bildungszentrums Velbert. „Viele gehen ab in Hilfsarbeiterjobs“, weiß Raimund Becker Vorstandsmitglied der Agentur für Arbeit.

Wie das Motivationsloch gestopft wird
Foto: Rumpenhorst/dpa

In Velbert wird diese Lücke für Migranten inzwischen geschlossen. Die Wirtschafts- und Sprachenschule Kurt Paykowski (WIPA) verkürzt kreisweit die Wartezeit zwischen den Integrationsangeboten dank des Projektes „Schrittwechsel“ in enger Zusammenarbeit mit dem Jobcenter des Kreises. Es handelt sich dabei um einen Workshop, der die Brücke zum Beruf schlagen soll — eine „arbeitsmarktnahe Kompetenzentwicklung“.

„Unser Ziel ist es, mehr Absolventen in den Beruf zu bekommen“, sagt Knut Bruckmann, WIPA-Geschäftsführer im Kreis. Dank Schrittwechsel sei es gelungen, bei den Vermittlungserfolgen besser als der Landesschnitt zu sein. So seien auf dem herkömmlichen Weg erst nach anderthalb bis einem Jahr 40 Prozent der Absolventen von berufsvorbereitenden Sprachkursen im Job angekommen. Migranten, die das Zusatzangebot Schrittwechsel durchlaufen haben, sollen bereits mit einer Quote von 45 Prozent unmittelbar vom Unterrichtsraum ins Arbeitsverhältnis überführt werden, so Bruckmann.

Ein Teil des Workshops widmet sich der Frage: Wie kann man das berufliche Wissen der Menschen mit Migrationshintergrund nutzen? „Wir als Träger müssen Fähigkeiten beobachten“, sagt Bruckmann. Gerade geflüchtete Teilnehmer haben oftmals keine Vorstellungen von ihrer beruflichen Zukunft, weil sie das System in Deutschland noch gar nicht durchschauen. An dieser Stelle versucht das Modellprojekt, zu unterstützen.

Bruckmann berichtet von einem Beispiel: Ein Syrer war in seiner Heimat Zusteller, jedoch ohne Ausbildung, denn in Syrien gibt es lediglich akademische Ausbildungen. In Deutschland ging er über die Sprachenschule ins Coaching und startete als Praktikant bei der Post. Bruckmann berichtet stolz: „Ab dem 1. September hat er eine Vollzeitstelle.“

Normalerweise ist der Weg in die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung steiniger. SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese und SPD-Landtagsabgeordneter Volker Münchow besuchten jetzt einen der Workshops vor Ort und sprachen mit den Teilnehmern. Etwa einer jungen Neu-Langenbergerin, die in ihrer Heimat Medizinerin war und nun auf ihre berufliche Anerkennung in Deutschland zuarbeitete. Bei der Bewerbung um eine Praktikumsstelle hatte sie noch kein Glück: „Meine Sprache ist noch nicht so gut“, sagte sie. Ein Krankenpfleger aus Eritrea ist schon weiter, seine berufliche Qualifikation schon anerkannt. Er braucht nur noch die Sprachqualifikation B2. Auch die bekommt er in Velbert.

Viele Migranten kommen über den Integration Point der Bundesagentur für Arbeit zum Modellprojekt. Die Kosten für die Teilnahme werden übernommen. Derzeit durchlaufen 150 Menschen die Workshops. Noch vor drei Monaten lag die Flüchtlingsquote in den Kursen bei 20 Prozent. Bruckmann hat bemerkt: „Jetzt zieht das an. Wir sind inzwischen bei 50 bis 60 Prozent.“

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