Velbert: Der Markt der Freiwilligen

Rund 80 Vereine und Organisationen präsentierten sich auf der vierten Velberter Ehrenamtsbörse.

Velbert. "Omas werden immer mal gebraucht", sagt Renate Calenberg. Der Sozialdienst katholischer Frauen und Männer hat da einen Vorschlag für die 63-Jährige: Lesepatin im Kindergarten. "Das ist was für mich. Das ist das, was ich brauche. Tragen Sie mich mal ein."

Zum vierten Mal fand am Samstag im Forum Niederberg die Velberter Ehrenamtsbörse statt. Rund 80 Vereine und Organisationen präsentierten sich einen Tag lang den Besuchern und warben für ihre ehrenamtlichen Projekte - eingerahmt von Hüpfburg, Shantychor und Jazzmusik.

Renate Calenberg betreut zurzeit alle zwei Wochen Demenzkranke im Ludgerustreff in Heiligenhaus: "Erst frühstücken wir gemeinsam, dann machen wir Sitzgymnastik, Gedächtnistraining und danach gibt es zum Beispiel Bastelspiele, die ich mir ausgedacht habe."

Mehr als nur eine Beschäftigungstherapie. Die Gemeinschaft mit Kindern sei daher ein guter Ausgleich für die oft Langmut erfordernde Arbeit mit den Demenzkranken. Nun wartet die angehende ,Lese-Omi’ auf den Anruf der Kindertagesstätte Lummerland und blättert schon einmal in passenden Büchern.

Während im Erdgeschoss viele Besucher ihre Runden drehen (die Stadt Velbert schätzt später rund 750 Interessenten), ist die Resonanz in der oberen Etage des Forums dagegen dürftig - etwa beim Nevigeser Tennisclub 1969, der zum ersten Mal mit einem Stand vertreten ist.

Vorsitzender Lothar Hillebrand sitzt ziemlich einsam zwischen den Vampiren der Musicalgruppe Spectaculum und dem Blinden- und Sehbehindertenverein. Hillebrands Anliegen: Unterstützung in der Nachwuchsarbeit. "Wir bieten an drei Grundschulen in Neviges Tenniskurse an. Die finden nachmittags in den Turnhallen statt und werden regelmäßig von zwölf bis 16 Kindern besucht."

Dieses Angebot soll nun auf die weiterführenden Schulen ausgeweitet werden und auf dem Vereinsgelände am Waldschlößchen stattfinden. "Trainer sind vorhanden, aber wir brauchen jemanden, der Aufsicht führt, am besten mit pädagogischem Hintergrund, pensionierte Lehrer zum Beispiel." Da aufgrund der Kapazität nicht alle Schüler gleichzeitig spielen können, muss eine Betreuung stattfinden - auch bei Hausaufgaben.

Kinder sind auf der Börse sowieso ein Thema, wie bei der Frühstücksgruppe der Nevigeser Regenbogenschule oder dem Elternverband für Chancengleichheit, der Erzieherinnen sucht, die Kleinkindern aus Migrationsfamilien spielerisch die deutsche Sprache beibringen.

Doch auch am anderen Ufer des Lebens geht Fürsorge buchstäblich Hand in Hand. Winfried Büttgen ist seit 2001 einer von 18 Sterbebegleitern im Hospizverein Niederberg. Der Verein begleitet schwerkranke Menschen, die zu Hause in vertrauter Umgebung sterben möchten und allein leben oder deren Angehörige sie nicht betreuen können.

Während ein Pflegedienst die medizinischen Funktionen übernimmt, beschränkt sich die Hospizbegleitung auf die sozial-emotionale Betreuung. Spaziergänge, mal ins Café, Gespräche daheim. "Ganz nach dem Willen des Betroffenen, nicht nach unserem", sagt Büttgen.

"Manche Menschen erzählen ihre ganze Lebensgeschichte. Es wird geweint, aber auch viel gelacht." Er gehe immer mit einem Lächeln auf die Menschen zu, nie mit einem miesen Gesicht, hebt der Rentner hervor. "Wir wollen dafür sorgen, dass die Kranken keine Angst vorm Sterben haben. Wir müssen dabei nicht bis zum Letzten gehen, tun es aber oft."

Bei einer seiner ersten Begleitungen habe er eine Sitzwache übernommen. "Ich habe in der Wohnung des Patienten neben dem Bett gesessen, seine Hand gehalten, mit ihm geredet, Lieder gesummt und auch mit ihm gebetet. Nach ungefähr zwei Stunden ist er in meinem Beisein gestorben, und ich war froh, dass wir es gemeinsam geschafft haben und er nicht allein gestorben ist."

Eine sensible Aufgabe und hohe seelische Belastung. Interessenten müssen daher ein Befähigungsseminar absolvieren, um Hospizbegleiter zu werden. "Man muss abschalten können", weiß Büttgen. "Wenn ich bei den Menschen bin, bin ich voll da, aber ich darf den Kummer nicht mit nach Hause nehmen."

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