Tastmodell macht Dom begreifbar

Eine Ausstellung zeigt ab Freitag, wie das Miniatur-Bauwerk für Sehbehinderte und Blinde entstanden ist. Vor neun Jahren kam Bewegung in das ehrgeizige Projekt.

Tastmodell macht Dom begreifbar
Foto: Ulrich Bangert

Velbert. Blinde oder sehbehinderte Menschen können die Architektur des Mariendoms nicht wahrnehmen. „Tastmodelle schaffen da Abhilfe“, dachte sich vor neun Jahren Reiner de Bruyckere. Als kurz darauf die Presse über Idee des damaligen Mitarbeiters des Deutschen Schloss- und Beschlägemuseums berichtete, nahm die Sache Fahrt auf. „Schloss Neuschwanstein in Bayern hat eines, das Reichstagsgebäude in Berlin oder die Münchener Innenstadt, dem Mariendom würde es ebenfalls gut zu Gesicht stehen“, befand ein Journalist und rief die Velberter auf, bei der Umsetzung zu helfen.

„Kurz darauf meldete sich Hans Bartoldus, Inhaber der gleichnamigen Velberter Firma für Modellbau, und erklärte sich bereit, das Gros der Entwicklung zu übernehmen“, so Yvonne Gönster. „Es war ihm ein persönliches Anliegen, Blinden das Bauwerk begreiflich zu machen“, fährt die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums fort.

Zusammen mit der Museumsvolontärin Lena Fernau bereitet sie die Ausstellung „Kleiner Dom ganz groß“ vor, die vom 18. Mai bis 26. August im Forum Niederberg zu sehen ist. Modellbauer Bartoldus, bestens vernetzt mit den Gießereibetrieben der Region, fand in Joachim Kaldenberg, dem Inhaber einer Heiligenhauser Gießerei, die sich mit Sandguss bestens auskennt, einen Partner, der sich bereit erklärte, kostenlos den Gießvorgang durchzuführen.

Unterstützt wurde das Projekt durch die Mitarbeiter, die für die gute Sache ihre Freizeit opferten. Sie traten an einem Samstag im April 2011 um 5 Uhr in der Frühe an, um den schwarzen Sand in die Formkiste zu schütten. Ursprünglich wurde an Bronze gedacht, schließlich einigte man sich auf eine Legierung aus Aluminium und Silizium, die 750 Grad heiß in die Gusskanäle der Form geschüttet wurde. Nachdem das Material abgekühlt war, wurde der Formsand vorsichtig entfernt: Wie Phönix aus der Asche erschien langsam das Modell des Nevigeser Doms. „Keine Fehlstellen, alles perfekt“, freuten sich alle Beteiligten.

Ideengeber Reiner de Bruyckere hatte alle Arbeitsschritte mit seiner Kamera dokumentiert. Die aussagekräftigen Bilder sind ein bedeutender Teil der Ausstellung. Doch bis die Schmelze in die Form fließen konnte, war jede Menge Vorarbeit nötig. „Da musste die Zustimmung der kirchlichen Stellen und nicht zuletzt die des Architekten Gottfried Böhm eingeholt werden, der beratend zu Seite stand“, gibt Lea Fernau einen kleinen Einblick in den Vorlauf des Projektes. Bartoldus konnte dann anhand von Zeichnungen und Fotos die einzelnen Kunststoffblöcke zum Urmodell zusammenfügen, aus dem die erste Form entstand, das Negativ.

Das Tastmodell zwischen Dom und Pilgersaal erhielt zu Eröffnung der Wallfahrt im Mai 2011 den Segen den Xantener Weihbischofs Theising. Kurze Zeit später stellte sich heraus, dass der Betonsockel misslungen war, Modellbauer Bartoldus entwarf einen neuen Sockel, Guido und Willy Häger kümmerten sich um den Guss. In der Ausstellung können die Besucher den Zwillingsguss des Originals am Dom selbst ertasten. Damit es etwas spannender wird, können weitere Dinge ertastet werden, darunter weltberühmte Bauwerke.

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