Wülfrath Kirche war Herzensanliegen der Kalkarbeiter

Wülfrath · Die katholische Kirche stellt das Gotteshaus St. Barbara zum Jahreswechsel außer Dienst. Am kommenden Samstag feiern die Gemeindeglieder dort die letzte Messe.

Diakon Michael Anhut auf der Empore in der Pfarrkirche St. Barbara in Wülfrath- Schlupkothen.

Diakon Michael Anhut auf der Empore in der Pfarrkirche St. Barbara in Wülfrath- Schlupkothen.

Foto: Fries/Fries, Stefan (fri)

Die katholische Kirche St. Barbara in Wülfrath-Schlupkothen ist eine echte Landmarke im Niederbergischen Land. Wer die etwa 70 Stufen zu der weißen und mit Schiefer bedachten Kirche geht, kann sich sowohl physisch wie spirituell über die Landschaft erhoben fühlen. Das 1937 zunächst als Kapelle errichtete und 1963 zur Kirche erhobene Bauwerk liegt reizvoll und ist für viele Mitglieder der Kirchengemeinde St. Maximin ein Gotteshaus, mit dem sie ganz besondere Erinnerungen verbinden.

Doch von Erinnerungen und positiven Emotionen allein kann eine Kirchengemeinde in heutigen Zeiten – mit sinkenden Mitgliederzahlen, personellen Engpässen und noch dazu in ländlicher Lage – nicht mehr überleben. Schon seit gut eineinhalb Jahren werden in der Kirche keine Messen mehr gefeiert. Lediglich für besondere Anlässe wie Hochzeiten oder Taufen wird das Gotteshaus geöffnet. Doch damit ist nun auch bald Schluss. Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand der in Düssel ansässigen Pfarrei St. Maximin haben sich vor dem Hintergrund der finanziellen Engpässe im Erzbistum Köln und der personellen Entwicklung im Bereich der hauptamtlichen Mitarbeiter dazu entschieden, die Kirche zum 31. Dezember dieses Jahres außer Dienst zu stellen. Am kommenden Samstag findet um 17 Uhr die letzte Messe in der Kirche St. Barbara statt.

Neben der Eucharistiefeier soll sich die Gemeinde auch noch einmal in den Gemeinderäumlichkeiten treffen. Die Predigt möchte Pastor Jürgen Arnolds halten – obwohl er derzeit krankheitsbedingt seine offiziellen Gemeindetätigkeiten ruhen lässt. Auch ein Termin für eine Profanierung ist geplant, derzeit gebe es aber noch kein festes Datum dafür, sagt Diakon Michael Anhut.

Der Diakon bedauert, dass sich die Gemeinde zu der Schließung habe entscheiden müssen, ist aber auch realistisch genug, zu wissen, dass es dazu leider kaum eine Alternative gibt. „Wir werden weniger und müssen uns konzentrieren“, sagt er. Derzeit hat die Gemeinde St. Maximin etwa 7000 Mitglieder und vier Kirchen. Die Zahl der Seelsorger wird in den nächsten sechs bis sieben Jahren von vier auf „höchstens drei“ sinken, erklärt Anhut beim Gang durch die Kirche. „Wir können nicht alle Kirchenorte gleichmäßig bespielen“, bedauert er. Schon jetzt sei die Gemeinde auf die Unterstützung des Pfarrers im Ruhestand, Karl-Klemens Kunst, angewiesen. Dass etliche Mitglieder der Gemeinde traurig über die Schließung der Kirche St. Barbara sind, weiß der Diakon. „Ein Mitglied sagte mir: ‚Mir tut das im Herzen weh, aber mein Kopf sagt, das ist richtig so.‘“

Der Bau der Kapelle und späteren Kirche St. Barbara war zum einen Folge der Tatsache, dass im Zuge des prosperierenden Kalksteinabbaus viele Arbeiter aus südeuropäischen Ländern nach Koxhof und Schlupkothen zogen – und die waren nun einmal überwiegend katholisch. Der Fußweg zur Pfarrkirche St. Maximin war mit etwa 20 Minuten jedoch etwas weit und besonders im Winter beschwerlich.

40 000 Reichsmark durch „Bettelpredigten“ gesammelt

Der Düsseler Pfarrer Peter Lefkens (1889 bis 1969) ging deshalb in die Offensive. Er trieb in den 1920 und 1930er Jahren – einer ansonsten eher kirchenfernen Zeit – die Planungen für den Bau voran. Im Zuge seiner „Bettelpredigten“ im Bergischen Land brachte er etwa 40 000 Reichsmark zusammen. Zudem unterstützten die Rheinischen Kalksteinwerke das Vorhaben: Sie stellten das Baugrundstück unentgeltlich zur Verfügung, lieferten Baumaterial und spendeten auch Geldbeträge. Zudem leisteten 35 Männer aus der Gemeinde – zumeist Mitarbeiter der Kalksteinwerke – etwa 5500 freiwillige Arbeitsstunden beim Bau der Kapelle.

Schon vor diesem historischen Hintergrund sei die Kirche etwas Besonderes, sagt Ruhestandspfarrer Kunst: „Der Bau war ein Herzensanliegen der Kalkarbeiter!“ In den vergangenen Jahren habe die Kirche allerdings immer mehr an Bedeutung für die Gemeinde verloren, räumt er ein. Deshalb sei sie nur noch „für besondere Anlässe“ wie Taufen oder Hochzeiten geöffnet worden.

Für die Kirche wird nun ein Käufer gesucht. Wobei die Gemeinde nach Angaben von Diakon Anhut nicht primär auf den gebotenen Preis schauen will. Wichtig sei vielmehr das Nutzungskonzept, das der potenzielle Käufer für das Gebäude habe. Eins stehe auf jeden Fall fest: „Die Hülle soll erhalten bleiben!“, sagt Anhut. Zumindest als Landmarke könnte St. Barbara damit erhalten bleiben.

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