Ratingen: Von Fremden zu Freunden

Bilder und Interviews zweier Generationen von Migranten zeigen, wie es mit der Integration in Ratingen aussieht.

Ratingen. Als Bedri Turgut 1973 mit seinen Eltern nach Ratingen kam, war er bereits zwölf Jahre alt und erinnert sich daher noch recht gut an die ersten Eindrücke des fremden Deutschlands. Besonders die Brötchen waren damals ein Schock für ihn - die mochte er nämlich überhaupt nicht. Am Mittwoch ist er Vorsitzender der DITIB-Türkisch-islamische Gemeinde e.V und hat sich nicht nur an die Brötchen gewöhnt. Er ist einer von schätzungsweise 18000 Ratingern mit so genanntem "Migrationshintergrund". Mehr als die Hälfte von ihnen besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft.

Damals sah das noch ganz anders aus, wie Franz Naber, bis 2007 Ratingens Integrationsbeauftragter, sich erinnert: "Anfang der 70er Jahre waren es etwa 9000, vielleicht 50 davon haben sich einbürgern lassen." Kein Wunder, wollten die meisten "Gastarbeiter", wie es damals hieß, doch nur ein paar Jahre bleiben und dann zurück in die Heimat.

Daher stellten sie keine hohen Ansprüche an ihre Wohnsituation, meist lebten sie in kleinen, unangemessenen aber oft teuren Wohnungen. So wurde nach und nach etwa die heruntergekommene Fabrik Cromford zum Mietsilo umfunktioniert.

Um die schwarzen Schafe unter den Vermietern unter Druck zu setzen, machten Naber und sein Freund Michael Höver, Richter für Baurecht, Fotos von den Behausungen und stellten sie im Foyer des Rathauses aus. Als Naber 2007 in den Ruhestand ging, kamen ihm diese Aufnahmen wieder in die Hände und die Frage in den Sinn, was wohl aus den Kindern auf den Fotos geworden ist.

Tatsächlich konnte er zwölf von ihnen wieder aufspüren und entwickelte aus den Bildern und Gesprächen eine Ausstellung, die ab dem 18. Januar auch in Ratingen zu sehen sein wird, nachdem sie als Wanderausstellung bereits in anderen Städten zu Gast war. "Spurensuche - Integration in Ratingen und anderswo" ist der Titel, und das Stadtmuseum, die Initiative "anders miteinander - gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit" sowie das Franz-Rath-Weiterbildungskolleg haben ein Konzept entwickelt, das wegweisend für die bürgernahe Vermittlungsarbeit des Museums sein soll.

Schüler des Kollegs sprachen mit sechs der ehemaligen Kinder und Jugendlichen, und zeichneten die Interviews auf, aus denen ein etwa 35-minütiger Film erarbeitet wird. In den Gesprächen werden nicht nur die Lebensläufe, sondern auch die individuellen Wünsche und Hoffnungen beleuchtet. "Es war spannend zu hören, wie es damals war, und was heute aus diesen Leuten geworden ist", findet die 17-jährige Susan Bajrami.

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