Ratingen: Tanztee in der Dumeklemmerhalle dreht die Zeit zurück

Jeden ersten Sonntag im Monat gehen Ratinger in der Dumeklemmerhalle auf Zeitreise.

Ratingen. Hier werden Erinnerungen wieder wach. Bilder von früher, als sich junge Leute auf der Tanzfläche verliebten und dann meist ihr ganzes Leben miteinander verbrachten. Jeden Sonntag drehten sie sich zu Walzer, Tango und Chachacha auf dem Parkett. Gut 50 Jahre ist es her, als die damals jungen Männer ihre Herzensdame das erste Mal zum Tanz aufforderten . . . Jetzt tanzen sie wieder.

Zum selben Lied, zu dem sie auch in ihrer Jugend getanzt haben. Als wäre die Zeit zurückgedreht worden. Die Frauen tragen die Kleider fröhlich und frisch wie früher, der Mann an ihrer Seite ist charmant darum bemüht, mit gekonnten Schritten zu beeindrucken. Eine alte Tradition ist wieder da - ist durch Heinz Hülshoff, Pächter der Ratinger Stadthalle, wieder aufgelebt und zu einem großen Erfolg geworden: der Tanztee.

Dort kann die ältere Generation ins Schwärmen geraten und endlich wieder eine flotte Sohle aufs Parkett legen. Bei Kaffee und Kuchen trifft sie sich jeden ersten Sonntag im Monat in der Dumeklemmerhalle. Zu den Klängen der Liveband "Musikexpress" erleben die Tanzbegeisterten wundervolle Stunden - ob immer noch mit dem Mann von vor 50 Jahren, mit einer neuen Eroberung - oder auch solo.

"Wir sind mit unseren neuen Partnern hier. Wir sind nicht verheiratet, aber tanzen können wir trotzdem zusammen. Das, was die Jugend kann, können wir schon lange", sagt Waltraud Rößler und lacht. Dass es auch ganz ohne Männer geht, beweist die gut gelaunte Frauenrunde am Nebentisch. "Wir sind jetzt schon das dritte Mal dabei. Unsere Mädels-Clique besteht aus sechs Witwen. Wir haben hier immer jede Menge Spaß. Es ist toll, dass Heinz Hülshoff so eine Veranstaltungsreihe auf die Beine gestellt hat", begeistert sich Ingrid Oebel.

Das Tanzen lernte sie damals von ihrem Mann. Mit ihm war sie früher immer zu Tanztees gegangen. Heute swingen die Freundinnen miteinander. "Man braucht nicht unbedingt einen Mann an seiner Seite, um das Tanzbein zu schwingen. Aber wenn einer kommt, sagen wir auch nicht nein", meint Ingrid Oebel und schmunzelt. Doch die Männer machen sich auf der Tanzveranstaltung rar. "Frauen sind leider in der Überzahl", sagt der Stadthallenpächter, der sich für seine weiblichen Gäste mehr Männer wünscht.

Es dauert nicht lange, bis sich das Parkett gefüllt hat. Der große Saal ist bald voll von umeinander wirbelnden Paaren. Der Kuchen ist Nebensache. Schnell einen Bissen - und schon geht es wieder auf die Tanzfläche. Auf den Stühlen hält es niemanden lange. Und wenn, dann nur zum Verschnaufen oder für ein Schwätzchen.

Bei "Tanz mit mir in den Morgen", "An der schönen blauen Donau" oder "Schwarzer Zigeuner" glühen die Sohlen. Doch auch vor neuerem Liedgut wie "Mein Stern" schrecken die Tänzer nicht zurück. Sie drehen sich, singen mit und werfen die Beine in die Luft - immer ein Lächeln auf den Lippen.

"Ich wollte eine Lücke schließen und war selber begeistert, wie schnell diese alte Tradition wieder aufgelebt ist", freut sich Heinz Hülshoff. "Viele Besucher hier sind Stammgäste. Einige kennen sich auch aus den Altentagesstätten und ziehen immer mehr Tanzfreunde nach", erzählt Hülshoff. Bis zu 300 Besucher begrüßt er jedes Mal bei der Veranstaltung, die auch schon über die Grenzen hinaus Freunde gefunden hat. Düsseldorf, Krefeld oder Essen - dass hier der Bär steppt, weiß nicht nur Ratingen.

Heinz und Adele Jammer kommen jedes Mal aus Düsseldorf zum Tanztee nach Ratingen. Ihr Sohn führt dort die Tanzschule "Dance Planet". "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm", sagen sie stolz. Damals lernten sie sich beim Tanzen kennen: "Es ist die schönste Nebensache der Welt", findet Heinz Jammer und dreht seine Frau Lied für Lied über die Tanzfläche. Was ihr Lieblingstitel ist, verrät das schicke Paar auch. Es wäre auch nicht schwer zu erraten gewesen: "Ganz in Weiß - von Roy Black."

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