Ratingen: Die Barbie-Modedesignerin

Waltraut Becker näht Kleider für die Puppen – ihre Models findet sie meist auf dem Trödelmarkt.

Ratingen. Ursula hat es nicht einfach gehabt. In den 60er-Jahren erfreute die Barbie-Puppe wahrscheinlich kleine Mädchenherzen. Doch irgendwann war ihre Zeit abgelaufen.

Die, für Barbies eher untypisch, dunkelhaarige Schönheit landete auf dem Abstellgleis - und fast in der Tonne. "Auf einem Trödelmarkt hab’ ich sie entdeckt - und gerettet", erinnert sich Waltraut Becker.

2003 war das, und "gerettet" hat die 81-Jährige seitdem viele Barbies. "249 habe ich hier im Wohnzimmer", sagt die Ratingerin und zeigt stolz auf ihre Schätze in den Vitrinen.

Eine Sammlerin ist Waltraut Becker nicht. Sie bezeichnet sich lieber als Barbie-Modedesignerin, denn fast alle ihre Puppen tragen ein maßgeschneidertes Outfit der Hobby-Näherin.

Rauschende Ball- oder edle Abendkleider finden sich da, ebenso wie der Business-Anzug für die Karriere-Barbie oder ein Sportdress. Und Ken darf natürlich auch nicht fehlen.

"25 Jungens sind dabei." Viele in Anzügen, aber auch ein James-Dean-Verschnitt blickt die Besucher an. Nur mit Barbies kleiner Schwester kann sie nichts anfangen. "Skipper nehme ich nicht", sagt die 81-Jährige ganz bestimmt. Es wird halt nicht jeder von ihr angezogen...

"Ich mache aus Aschenbrödeln Prinzessinnen", erklärt die ehemalige Kaufhaus-Angestellte. Die meisten ihrer Models findet sie auf Trödelmärkten - oft nackt und nicht in allerbestem Zustand.

"Manche liegen in Kisten, wo sonst nur noch einzelne Köpfe oder Beine ’rumfliegen." Bei Becker wird aber alles gut, die langbeinigen Damen werden gehegt und gepflegt. Puppenkleider hat die Rentnerin schon früher genäht, aber für größere Exemplare.

Irgendwann wurde das langweilig, eine neue Herausforderung musste her. "Mit Barbies hatte ich eigentlich nichts am Hut." Bis Ursula in ihr Leben trat. Die Dame in feiner roter Seide ist immer noch eines Lieblingsstücke - und hat als einzige ihrer Puppen auch einen Namen.

Vorlagen benutzt die Ratingerin nicht. "Das habe ich alles im Kopf", sagt sie. "Ich stamme schließlich aus einer künstlerischen Familie und sehe mich deshalb auch als Designerin."

Vom Schnittmuster bis zum fertigen Kleid, alles geschieht in Handarbeit. Vier bis fünf Abende sitzt sie pro Woche an ihrer Nähmaschine. "Und jedes Kleid ist anders", weiß auch Ehemann Rolf.

"Sogar die kleinen Perlen setzt meine Frau selbst auf den Stoff." Der 80-Jährige ist immer dabei, wenn seine Frau ihre Kreationen auf Puppenbörsen oder in Museen zeigt. Die Metallständer, die dafür sorgen, dass die Barbies auch stehen bleiben, fertigt er.

Ist er denn auch ein Puppenfan? "Sie sehen ja schön aus", sagt er und lächelt beim Blick auf die Vitrinen. "Aber ein bisschen eng ist es im Wohnzimmer mittlerweile schon."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort