Ratingen: Die "12" rollt aufs Abstellgleis

Verkehr: Seit 113 Jahren verkehrt die Linie 712 zwischen Ratingen und Düsseldorf. Bald heißt sie U 72.

Ratingen. Die Ratinger Jugend schätzt sie seit Jahrzehnten und will sie nicht missen - zumindest so lange nicht, bis die Heranwachsenden ein eigenes Fortbewegungsmittel haben. Garantiert sie doch einen zuverlässigen Transport mitten in die Düsseldorfer Altstadt: die 712. Seit über 100 Jahren ist die "Zwölfer", wie sie meist nur genannt wird, eine der wichtigsten Verkehrsmittel zwischen Ratingen und der Landeshauptstadt. Eine nette Anekdote rankt sich um die Entstehung der Liniennummer. Angeblich soll sie von einem Ratinger stammen, der die Düsseldorfer daran erinnern wollte, dass Ratingen zwölf Jahre länger die Stadtrechte hat als die Nachbarstadt.

"Eine hübsche Geschichte", kommentiert Rheinbahnsprecher Georg Schumacher, der aber Zweifel an der Echtheit hat. Tatsache ist aber, dass mit dieser Bezeichnung wird aber bald Schluss sein wird: Aus der 712 wird die "U72", auch wenn es auf Ratinger Gebiet keinen einzigen Zentimeter U-Bahnstrecke geben wird. Mit der Fertigstellung der Wehrhahnlinie im Jahre 2014 verschwindet die Bahn aber in Düsseldorf für einige Kilometer unter der Erde - das reicht als U-Bahn-Bezeichnung offensichtlich aus.

Außer dem Namen wird sich auf dieser Linie, die zu den ältesten der Rheinbahn überhaupt zählt, aber noch einiges ändern: Zum Jahresende hin werden auf der Strecke ausschließlich die neuen Niederflurbahnen eingesetzt, die alten gelb lackierten Schätzchen aus den 60er-Jahren verschwinden dann aus dem Ratinger Stadtbild. Für die modernen Bahnen müssen allerdings die Haltestellen umgebaut und auf 60 Meter verlängert werden. Zum barrierefreien Ein- und Aussteigen werden die Bahnsteige um 25 Zentimeter erhöht.

Während der heißen Bauphase im September und Oktober - die Rheinbahn will mehrere Haltepunkte gleichzeitig umgestalten - werden für etwa acht Wochen keine Straßenbahnen fahren. Sie werden durch Busse ersetzt. Im Bereich der Haltestelle Felderhof soll eine Querungshilfe eingerichtet werden. Weil dafür die Fahrbahn verbreitet werden müsste, wird über eine Ampelanlage nachgedacht. Das würde die Stadt knapp 60000 Euro kosten, was noch keine Zustimmung findet.

Die Haltepunkte Felderhof, Gerhardstraße, Europaring und Weststraße bekommen außerdem eine elektronische Fahrgastinformation: Fahrgäste können dann in Echtzeit ablesen, wann die nächste Bahn kommt. Die Gestaltung der Endstation am Düsseldorfer Platz soll im zweiten Bauabschnitt bis 2014 erfolgen. Außerdem soll der Gleisabschnitt zwischen Europa- und Dürerring zu begrünen - als Rasengleis.

Die Verbindung nach Ratingen existiert seit 1897, als für "die Elektrische" die Gleise bis Ratingen verlängert wurden - aus eigennützigen Überlegungen: "Düsseldorf hatte immer Eingemeindungsgelüste - erst anbinden, dann einkassieren. Linksrheinisch in Oberkassel und Heerdt hat es ja geklappt", weiß Stadtarchivar Joachim Schulz-Hönerlage. 1907 erhielt die Linie die Nummer "12" - für 113 Jahre.

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