Ratingen: Debatte - „Sanierung wäre Teilabriss“

Beim Thema Rathaus werden alte Gräben wieder aufgerissen. Die Politik ist uneins.

Ratingen. Wie geht’s weiter mit dem Rathaus? Nach dem Exklusivbericht unserer Zeitung über die aktuelle Machbarkeitsstudie des Projektbüros Assmann zur Sanierung ist die Diskussion wieder voll entbrannt.

Noch wird an der entsprechenden Drucksache gefeilt, aber im Verwaltungsvorstand herrscht Einvernehmen darüber, dass nach dem derzeitigen Stand der Dinge eine Sanierung des Rathauses weder funktional noch wirtschaftlich vertretbar sei.

Baudezernent Ulf-Roman Netzel machte keinen Hehl daraus, dass die aktuellen Ergebnisse der Studie zur Sanierung seine Meinung bestärkt haben: "Das wäre keine Sanierung, sondern ein Teilabriss mit Wiederaufbau."

In der Politik fallen die Reaktionen unterschiedlich aus: "Das ist ein so verfahrenes Thema", sagte Christian Wiglow, Fraktionsvorsitzender der SPD. Er sehe keine Veranlassung, vom aktuellen Ratsbeschluss abzugehen. Wenn jetzt wieder über einen Neubau diskutiert werde, wäre das ein Schlag ins Gesicht.

"Die Bevölkerung denkt, die haben ein Rad ab." Wiglow ist sich zudem sicher, dass es einen Neubau nicht für diesen "Minimalbetrag" geben werde: "Da werden doch Begehrlichkeiten geweckt und aus 33 Millionen werden ganz schnell 40, 45 oder 50 Millionen."

Zudem passe diese Diskussion jetzt gar nicht in die Landschaft, wo im Sozialbereich 25-prozentige Kürzungen verordnet wurden.

Ewald Vielhaus (CDU) möchte erst die Verwaltungsvorlage abwarten. "Dann werden wir uns eine Meinung bilden." Hinsichtlich des Standortes dürfe aber kein neues Fass mehr aufgemacht werden - "dieses Thema ist durch." Die Rathausfrage entwickele sich langsam zur Posse. Wichtig sei, jetzt erst einmal die genauen Zahlen zu bekommen.

"Das Rathaus ist Bestandteil unserer Haushaltsberatungen. Es ärgert mich, dass es jetzt so auf die Tagesordnung kommt", sagte FDP-Fraktionschefin Hannelore Hanning.

Angesichts der Haushaltslage müsse man alles neu überdenken. Die aktuellen Kosten zweifle sie an - "Vertrauen gibt es bei diesem Thema grundsätzlich nicht mehr. Wir warten jetzt schon so lange. Außerdem: Der Beton hält ja noch." Hätte man damals mit der Sanierung begonnen, wäre jetzt alles fertig.

Lothar Diehl, Fraktionsvorsitzender der Bürger-Union, sieht die Haltung seiner Partei bestätigt. Die BU hatte sich seinerzeit der Stimme enthalten, weil sie immer einen Neubau für die bessere Option gehalten hatte.

"Das Thema ist heiß geworden", sagte Diehl und verwies auf eine Protokollerklärung zur damaligen Abstimmung: Damals hatte Diehl festhalten lassen, dass sich die Sanierungskosten denen eines Neubaus "weitgehend annähern" werden und mit rund 30 Millionen Euro zu rechnen sei. Diehl ist überzeugt, dass die neuen gesetzlichen Vorgaben im Energiebereich auch mit einer Totalentkernung des Rathauses nicht umgesetzt werden können.

Felix Gorris (Grüne) sieht’s pragmatisch: "Der Ratsbeschluss ist gültig, zwei Bürgerentscheide waren pro Sanierung, das Rathaus gehört in die Innenstadt."

Seit zehn Jahren sei die PCB-Belastung bekannt, getan habe sich aber nichts. Da könnte man doch auch warten, bis der Haushalt sich wieder in sichererem Fahrwasser befinde - zumal die PCB-Werte sich durch Ausgasen auch verringern würden.

"Vieles deutet daraufhin, dass nach der Wahl anders geredet wird als vorher. Offenbar macht sich die Verwaltung wieder für einen Neubau stark", kommentierte Manfred Evers (Ratinger Linke). Das gehe deutlich in Richtung "Wortbruch".

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