Ratingen: Buddhisten in der Stadthalle

Mehr als 1000 Buddhisten haben in der Stadthalle den Lama Ole Nydahl getroffen. Meditation, Vorträge und buddhistische Hochzeiten gehörten zum Treffen dazu.

Ratingen. Die Hände faltet er vor seinem Gesicht. Die Ellenbogen zeigen nach außen. Dann gehen die Arme nach oben, er atmet ein, dann senken sie sich wieder nach unten. In einer fließenden Bewegung schwingt der Körper sich zu Boden, bis er ganz flach auf dem Bauch liegt. Danach kniet er sich hin und steht wieder auf, um die Hände wieder zu falten.

Dann geht die Bewegung von vorne los - ohne auch nur ein Wort dabei zu sagen. "Es wäre sehr unsanft, ihn bei seiner Verbeugung und Zuflucht zu unterbrechen", sagt Philipp Wesemann.

Er ist einer von rund 1200 Buddhisten, die in den vergangenen Tagen in Ratingen zu Gast waren. Angereist sind sie aus der ganzen Welt. Ihr Ziel: Sie alle wollen ihren Lehrer treffen. Der heißt Ole Nydahl und ist Lama der Anhänger des Diamant-Weg Buddhismus.

150 von den 1200 Buddhisten haben vier Nächte in der Turnhalle an der Wiesenstraße übernachtet. Dort bedecken Isomatten, Luftmatratzen, Decken und Rucksäcke den Boden. Vor der Türe türmen sich Schuhe. Menschen gehen durch die Halle, manche gehen duschen, andere essen eine Kleinigkeit. Und trotzdem findet der ein oder andere immer wieder die Ruhe, in sich zu kehren - zu meditieren.

"Die Arbeit mit dem Geist ist unabhängig von äußeren Begegebenheiten", sagt Wesemann. Er arbeitet als Industriemechaniker und hatte mit Buddhismus nie was zu tun. Doch dann sei er vor 23 Jahren neugierig geworden. Durch Freunde und Bekannte wurde sein Interesse für die Religion geweckt. "Seit dem lebe ich ein erfüllteres Leben", sagt er.

Und wenn er von Buddha, dem Lama Ole Nydahl oder der Natur des Geistes redet, dann lachen seine Augen und Begeisterung liegt in seiner Stimme. "Es ist mir sehr wichtig, den Lama zu sehen und von ihm zu lernen. Denn die Arbeit mit dem eigenen Geist hat nie ein Ende."

Genauso sieht das Philipp Neunkirchen. Der Bundeswehrsoldat ist aus Süddeutschland zu dem Buddhisten-Treffen nach Ratingen gekommen. In der Turnhalle heißt er an der Tür die Besucher willkommen. "Es ist einfach schön, so viele Menschen zu treffen, Gemeinschaft mit ihnen zu erleben."

Auch er redet wie Philipp Wesemann von der Faszination über den Lama, von positiver Energie, einer konstruktiveren Sichtweise auf das Leben, die er durch den Buddhismus gewonnen hat. Beide vermitteln das klassische Bild des Buddhisten, der mit einer Grundgelassenheit und Freude durch die Welt geht.

Das gilt aber nicht für ihre äußere Erscheinung: Denn orangefarbene Kutten oder rasierte Köpfe haben sie nicht - auch barfuß sind sie nicht unterwegs. "Unser Buddhismus ist sehr alltagstauglich. Das sind ja alles Klischeebilder", erklärt Wesemann.

Noch deutlicher wird das bei einem Blick in die Stadthalle. Hier treffen sich die Buddhisten, um sich Vorträge anzuhören, Fragen an den Lama zu stellen oder zum Meditieren. Auch sie sind in Alltagskleidung zu der Veranstaltung gekommen, so wie Christian Bösel. Seit 30 Jahren ist er Buddhist. Und auch für ihn ist es mit das Größte, den Lama zu sehen.

"Ich kann von ihm lernen, wie ich weniger persönliche Betroffenheit spüre, dafür aber mehr inneren Reichtum erlange." Doch das ist nicht der einzige Grund, warum er in Ratingen ist:

"Freunde von mir haben geheiratet", erklärt er und zeigt auf den kleinen Saal. Dort haben sich sieben Paare eingefunden. Lama Ole Nydahl steht vor ihnen, segnet sie. Damit sind sie Mann und Frau. Es gibt keine Ringe, ein weißes Brautkleid oder eine Kutschfahrt. Nur ein paar umherfliegende Blütenblätter erinnern an eine herkömmliche Hochzeit.

Derweil strömen immer mehr Menschen in den großen Saal, und setzen sich auf den Boden. Und nur wenige Minuten ist es dann soweit: Ole Nydahl betritt die Bühne, die Menge erhebt sich. Die Arbeit mit dem Geist kann beginnen.

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