Ratingen: Birkenkamp sagt, er habe von Mosquito nichts gewusst

Der jetzt beendete Versuch, zerstörungswütige Jugendliche mit einem Pfeifton von der Eishalle zu vertreiben, schlägt hohe Wellen. Es ist Wahlkampf.

Ratingen. Der zuständige Fachdezernent, Rolf Steuwe, befindet sich noch im Urlaub. Das ist sein Glück. Womöglich hätte er sich sonst ziemlich unangenehme Fragen stellen lassen müssen. Schließlich fiel es in seine Zuständigkeit, dass im März vorigen Jahres ein sogenanntes Mosquito-Gerät am Eingang zur Eissporthalle installiert wurde. Dieses Gerät erzeugt einen sehr hohen Pfeifton, den Menschen bis 25 Jahren wahrnehmen können und als unangenehm empfinden sollen. Damit wollte Steuwe der Zerstörungen und des Unrats an der Sporthalle Herr werden.

Fast anderthalb Jahre hat der Mosquito gepiept, ohne dass jemand sonderlich Notiz davon genommen hätte. Dann kam einem Grünen das Geräusch zu Ohren. Vorgestern verschwand der Lautsprecher im Wahlkampfgetümmel. Grüne, SPD und Linke hatten Zeter und Mordio geschrien, weil sie offenbar den Untergang des Abendlandes befürchteten.

Die CDU schwieg diesmal, obwohl Bürgermeister Harald Birkenkamp Adressat des Protestes gewesen ist. Aber Ratingens Schul- und Sportdezernent Rolf Steuwe ist auch Vorsitzender des hiesigen CDU-Stadtverbandes. Da verbietet sich Protest.

Ratingens Nachbarstadt Heiligenhaus erwehrt sich seit gut einem Jahr marodierender Jugendlicher mit Hilfe des unangenehmen Pfeiftones. Es funktioniert. Der Schulhof des Gymnasiums ist nicht länger Schauplatz von Trinkgelagen, und die Zahl der eingeschlagenen Glasscheiben ist sehr deutlich zurückgegangen.

Für Birkenkamp ist in dieser Sache deshalb das letzte Wort auch noch nicht gesprochen. "Ich habe den Lautsprecher nicht des Wahlkampfes wegen demontieren lassen. Ich bin nicht gegen das Gerät", sagte er der WZ. Er sei aber gegen die Form, wie die Montage des Mosquitos beschlossen worden ist. "Ich habe davon nichts gewusst. Hätte ich es gewusst, dann hätte ich den Ältestenrat vor der Installation mit dem Thema befasst. So etwas gehört in die politische Diskussion", so Birkenkamp.

Genau das soll mittelfristig auch geschehen. Bis dahin sollen regelmäßige Kontrollen verhindern, dass an der Eishalle die alten Zustände wieder einkehren.

Unterdessen lässt der SPD- Bürgermeisterkandidat Christian Wiglow nicht locker. Er will von der Stadtverwaltung wissen, ob es weitere Mosquito-Geräte an städtischen Gebäuden gibt. "Das ist nach bisherigen Erkenntnissen nicht der Fall", sagte Birkenkamp gestern.

Die Entscheidung für "Mosquito" ist nach Angaben der Stadtverwaltung bereits im Herbst 2007 gefallen. Zuvor habe eine Gruppe von zehn bis 15 Jugendlichen im Alter von 13 bis 20 Jahren den Haupteingang zur Eissporthalle regelmäßig als Treffpunkt genutzt. Jeden Morgen, so die Stadtverwaltung, habe das Personal der Halle Müll, Glasscherben und öfter auch menschliche Exkremente gefunden und beseitigen müssen. Außerdem seien regelmäßig Glasscheiben eingetreten worden.

Das "Mosquito" gilt laut Stadtverwaltung medizinisch als unbedenklich und sei gesetzlich nicht verboten. Es verursache keinerlei gesundheitliche Schäden, der Pfeifton sei überdies nur sehr begrenzt und erst nach fünf bis zehn Minuten wahrnehmbar. An der Eissporthalle war es im Sommer zeitweise nach 18 und im Winter nach 23 Uhr in Betrieb.

Kommentar von Lothar Leuschen:

Richtige Entscheidung

Ganz abgesehen davon, dass Rolf Steuwe sich nach seinem Urlaub womöglich einer Diskussion über politisches Fingerspitzengefühl gegenüber sehen wird, ist das Geschrei um das Pfeifgerät am Eingang zur Eissporthalle nichts als Wahlkampf. Denn während die CDU aus gutem Grund schweigt, bringen SPD, Grüne und Linke die Dinge wider besseres Wissen ein bisschen durcheinander, weil es ihnen in den Kram passt.


Dass Jugendliche sich auf öffentlichen Plätzen betrinken, Scheiben eintreten, Wände beschmieren und in die Ecken urinieren, hat in erster Linie nichts damit zu tun, dass es zu wenige Jugendtreffs gibt. Es hat damit zu tun, dass manche das einfachste Regelwerk für friedliches Zusammenleben nicht zu beachten gedenken. Und das sind üblicherweise nicht diejenigen, die in städtischen Treffs oder Clubs zu finden sind. Deshalb ist der sonst ja berechtigte Verweis auf fehlende Jugendeinrichtungen im Zusammenhang mit Mosquito falsch.


Städte haben nicht allzu viele Möglichkeiten, sich der Zerstörungswut einiger weniger zu erwehren. Die eine ist, aus Ordnungsämtern eine Art Kommunalpolizei zu machen. Das kostet jedoch Geld, das dann an anderen Stellen, zum Beispiel für Jugendtreffs, fehlt. Die andere ist, es den Randalierern ungemütlich zu machen. Das hat die Stadt Ratingen an der Eissporthalle getan. Und das war richtig.

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