Neviges: Die Töne der riesigen Basspfeifen hört der ganze Körper

Wallfahrt: Der Aufbau der Orgel im Mariendom ist fast abgeschlossen. Am 13. Mai soll sie eingeweiht werden.

Neviges. Dass im Mariendom seit einiger Zeit gebohrt und gesägt wird, daran haben sich die Besucher mittlerweile gewöhnt. Doch gestern ließ ein besonderer Klang die Leute innehalten und sich suchend umschauen: Ein abgrundtiefes Brummen erfüllte den Kirchenraum, wurde von den weiten und hohen Wänden zurückgeworfen, ehe es durch einen noch tieferen Ton abgelöst wurde. Die Extrembässe stammten aus der neuen Orgel im Mariendom, die gerade ihrer Fertigstellung entgegensieht.

Seit Wochen puzzeln die Orgelbauer der Firma Romanus Seifert & Sohn aus Kevelaer aus tausenden Einzelteilen die Orgel zusammen, die zuvor in einer Kirche in Hildesheim ihre Dienste getan hatte. Mehr noch: Um den gewaltigen Raum des Mariendoms zu füllen, wurde die Hildesheimer Stockmann-Orgel um ein so genannte Auxiliarwerk erweitert: Dort werden rund 260 Riesenpfeifen, die in einem schwellbaren Gehäuse untergebracht sind, für ein im Dom nie zuvor gehörtes Klangvolumen und Tonfundament sorgen. Die größte der neu aus Holz gebauten Pfeifen misst sechs Meter und reicht in ihrem Schwingungsbereich bis auf fast 30 Hertz herunter. "Diese Töne hört man nicht nur, die kann man auch spüren", weiß Orgelbauer Stefan Raeth.

Für die großen Pfeifen im Auxiliarwerk musste eine eigene, zusätzliche Luftversorgung geschaffen werden: Sie brauchen so viel Wind wie die übrigen Pfeifen zusammen. Ein zweites, motorgetriebenes Gebläse schaufelt pro Minuten acht Kubikmeter Luft in den Windbalg, von wo aus sie durch ofenrohrdicke Röhren zu den Windladen und den Pfeifen geleitet wird.

Das Auxiliarwerk hinter der vorhanden Orgel anzubauen, war für die Kevelaerer Orgelbauer eine Herausforderung. Schließlich ist auch im Mariendom nicht unendlich Platz vorhanden.

Bedient wird die Orgel von einem neuem Spieltisch aus. Die Tasten und Pedale der alten Hildesheimer Orgel wurden dabei mit neuster Elektronik kombiniert. Über elegante Wipptasten kann der Organist jetzt Töne koppeln und Register ziehen.

Wallfahrtsleiter Pater Herbert Schneider schaut beim Orgelaufbau regelmäßig vorbei. Schließlich muss sein Franzikanerorden rund die Hälfte der 200000 Euro Gesamtkosten aufbringen - über Spenden. Mit der Platzierung des Spieltisches war er gestern aber nicht einverstanden. "Der muss so stehen, dass der Organist in alle Bereiche des Kirchenraums schauen kann", forderte er. Die Orgelbauer beruhigten ihn: Der Spieltisch ist auf Rollen montiert und daher verschiebbar.

Bevor die "Königin der Instrumente" feierlich eingeweiht wird, muss sie erst noch gestimmt und intoniert werden. Das werden ab heute andere Spezialisten übernehmen. Auf sie wartet eine Herkulesaufgabe: Jede der rund 1700 Pfeifen in insgesamt 30 Registern muss einzeln gestimmt und auf ihre saubere Intonation hin überprüft werden. Übrigens: Die kleinste Pfeife misst knapp einen Zentimeter, die größte etwa sechs Meter Länge.

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