Minestrone setzt Gretchen in Szene

Die Theatergruppe präsentierte in „Gretchen 89ff“ acht Versionen der berühmten Szene und wagt den Blick hinter die Kulissen der Theaterarbeit.

Minestrone setzt Gretchen in Szene
Foto: Dietrich Janicki

Wülfrath. Das Theater Minestrone serviert Goethe. Oder besser gesagt, eine der berühmtesten Szenen seines Werkes: „Gretchen 89ff“ heißt die neue Produktion des Theatervereins, und so mancher Literaturfreund dürfte wissen, dass sich hinter dieser Angabe die berühmte „Kästchen-Szene“ im „Faust“ verbirgt.

Emma Stötzel in ihrer Rolle als unverstandene Schauspielerin

Wie sich das Theater an solchen Schlüsselszenen abarbeitet, wie die Proben das Schlimmste in allen Beteiligten zum Vorschein bringen, all das zeigt die Komödie von Lutz Hübner in acht Episoden. Zum Premierenwochenende gab es gleich zwei Aufführungen in Schlupkothen.

„Gretchen 89ff“ demontiert jede romantische Vorstellung vom Theatermachen. Hübner, der neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit auch als Schauspieler und Regisseur arbeitet, zeigt die verschiedenen Typen auf, die man in der Theaterwelt antrifft. Da ist die Diva (Katja Huhn Villela), die schon ihre Anwesenheit bei einer Probe für eine herausragende Leistung hält. Da ist die Dramaturgin (Sandra Leidig), die auf Biegen und Brechen etwas Neues aus dem Text herauslesen möchte und den Regisseur (Barto Lenfert) mit ihren Vorstellungen schier verrückt macht. Und da sind auch kuriose Gestalten wie das „Tourneepferd“, ein alternder Wiener Regisseur (Uwe Bentz), der es auf die Gretchen-Darstellerin (Christina Drenker) abgesehen hat.

In acht Szenen erlebt das Publikum so einen ganz neuen Blick auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Zusammengehalten wird das Ganze von Frank Heinig in der Rolle des Bühnenmeisters. Bei Wodka und Schnittchen betrachtet er das Drama auf und hinter der Bühne und kommentiert es auf humorige Weise. Und hinterher, na klar, muss der alte Meister das Chaos wieder aufräumen.

Für das neue Stück hat sich Minestrone auch junge Unterstützung dazu geholt. Mit Emma Stötzel und Victor Kuhlen sind zwei Mitglieder der Jugendgruppe „Chilis“ mit dabei. Stötzel spielt eine junge Schauspielerin, die frisch von der Schauspielschule kommt und den Regisseur (Daniel Diekmann) mit ihrem übertriebenen Spiel und den nicht enden wollenden Sprechübungen während der Probe in den Wahnsinn treibt. „Ist Ihnen nicht gut?“, sieht sich der Regisseur irgendwann genötigt, zu fragen. Woraufhin die unverstandene Anfängerin feststellt: „Sie hatten Recht an der Schule — das Schlimmste sind diese Regisseure in der Provinz!“ Kuhlen dagegen hat einen Auftritt als Hospitant, welcher die schöne Schauspielerin (Drenker) anhimmelt und dabei die ganze Probe durcheinanderbringt.

Unter der Regie von Michal Nocon spielt das Minestrone-Ensemble die Theatertypen beherzt heraus. Der polnische Regisseur hat schon mehrfach mit dem Theater Minestrone zusammengearbeitet.

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