Hilfe: Vampire tanzen für Marcel

Der Verein „Spectaculum“ widmet dem 17-Jährigen ein Benefizwochenende. Mit dem Geld sollen spezielle Therapien finanziert werden, die ihm bei der Genesung nach seinem schweren Sportunfall helfen.

Velbert. Marcels Schritte sind klein, als er langsam und mit Hilfe auf den Stuhl zusteuert. Jeder einzelne bedeutet für den sympathischen 17-Jährigen aus Bonsfeld große Anstrengung, aber auch einen Schritt nach vorne in ein selbstständiges Leben. In eines, in dem er ohne Hilfe gehen kann, in dem er wieder richtig sprechen und beim Tischtennis seinen Gegnern die Bälle um die Ohren hauen kann.

20. September 2009: Marcel hatte sich auf diesen Tag gefreut. Es sollte eine weitere Stufe auf der Karriereleiter als Tischtennisspieler werden. Beim SV Bayer Wuppertal spielte er in der Jugendbezirksliga und war der Spitzenspieler seiner Mannschaft. Seine Mutter hatte ihn gerade zu einem Kader-Training nach Heiligenhaus gefahren, als ihr Sohn beim Aufwärmen zusammenbrach. Herzstillstand. Es folgten vier Monate Koma und die Ungewissheit, ob Marcel jemals ohne Beatmungsgerät leben könnte. Er schaffte es. Doch das Leben, in dem er aufwachte, war ein ganz anderes. Ein Leben, in dem er alles wieder lernen muss.

„Ich hätte niemals erwartet, dass uns so viele Menschen unterstützen“, sagt Karin Fichtner. Marcels Mutter ist überwältigt. Sie konnte es kaum glauben, als der Velberter Theater-Verein „Spectaculum“ für den 16. und 17. April ein Benefizwochenende ankündigte. „Ich hatte durch einen Arbeitskollegen von Marcels Schicksalsschlag erfahren. Wir wollten helfen. So schnell wie möglich“, sagt erster Vorsitzender Martin Vogt.

Für Marcel laden nun die Vampire am Samstag in der Sporthalle des Berufskollegs Niederberg zum Tanz. Am Sonntag kehrt dann das Phantom zurück. Mit Musicalsänger Felix Martin kann „Spectaculum“ einen Star präsentieren und seinen Zuschauern ein außergewöhnliches Musical-Potpourri versprechen.

Raphael Siemss (23) probt mit seinen Schauspielkollegen mittlerweile drei bis vier Stunden am Tag: „Es ist momentan schon sehr stressig. Aber wenn wir dann nach der Aufführung Marcel den Scheck überreichen, wissen wir, wofür wir es getan haben. Man verspürt Dankbarkeit. Dafür, dass es einem selbst so gut geht, und dafür, dass man helfen kann.“

Seit Bestehen des gemeinnützigen Vereins 2004 konnte „Spectaculum“ schon 39 500 Euro an Kinder und Jugendliche in Not überreichen. 15 Benefizveranstaltungen mit rund 9000 Zuschauern machten das möglich. Die 16. Veranstaltung soll Marcel zu Therapien verhelfen, die von der Krankenkasse nicht bezahlt werden, jedoch Besserung versprechen. „Wir denken da an eine Delfin- oder Musiktherapie. Denn nur, wenn man etwas tut und weiter kämpft, kann auch etwas passieren“, sagt Karin Fichtner.

Wie weit Marcels Genesung reichen kann, weiß sie nicht. Und auch die Ärzte wagen keine Prognose. Jetzt aber freut sich der 17-Jährige erst einmal auf das große Muscial-Potpourri, die mystischen Vampire und den unheimlichen Grafen — auf das Theater, in dem er selbst irgendwie der Hauptdarsteller sein wird. „Ich war noch nie in einem Musical. Ich lasse mich überraschen“, sagt Marcel mühsam, aber voller Vorfreude.

Wenn dann der Vorhang fällt, bedeutet das für „Spectaculum“ noch lange nicht das Ende der Hilfe für Marcel. Martin Vogt kündigt an: „Es ist lediglich ein großer Startschuss.“

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