Emotionaler Verkauf für Gemeinde

Fünf Immobilien sind auf dem Markt. Welcher Nevigeser Standort als evangelisches Zentrum bleibt, entscheidet das Käuferinteresse.

Neviges. Wer als Hauskäufer in diesen Tagen auf der Suche nach einer ganz besonderen Immobilie ist, hat in Neviges die Qual der Wahl. „Liebhaber der bergischen Wohnkultur“ finden am Kirchplatz ein „romantisches Ambiente“ in einem 1746 erbauten Fachwerkhaus. Wer ein Jugendstilgebäude mit vielen Nutzungsmöglichkeiten sucht, wird an der Siebeneicker Straße fündig. Fünf solcher Angebote finden sich auf einer Immobilienseite im Internet. Was sie verbindet: Es handelt sich allesamt um Angebote der evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Neviges, die fast ihren kompletten Immobilienbesitz zum Verkauf anbietet.

Ein kompletter Ausverkauf? Nein, das soll nicht das Ziel sein. Pfarrer Detlef Gruber erklärt: „Wir setzen zwar alles auf den Markt, wir wollen aber auf jeden Fall einen Teil der Gebäude behalten.“ Die Gemeinde wolle schauen, für welche Häuser es die besten Angebote gibt und mit den Erlösen einen der Standorte sanieren, an dem künftig das Schaffen in einem Gemeindezentrum gebündelt werden soll. „Wo das sein wird, das steht noch nicht fest“, sagt Gruber. Es gebe auf jeden Fall bereits mehrere Interessenten für die unterschiedlichen Standorte. Details wolle der Pfarrer noch nicht verraten.

Emotionaler Verkauf für Gemeinde
Foto: Simone Bahrmann

Hintergrund der Verkäufe ist die prekäre Finanzlage der Nevigeser Gemeinde. In rund zwei Jahren seien die Rücklagen aufgebraucht, wenn sich jetzt nichts ändere, so Detlef Gruber. Nachdem bereits erheblich an Küster- und Hausmeisterstunden, Kindergarten, Jugendarbeit und Kirchenmusik gespart wurde, fiel der Blick schon vor einem Jahr auf die gemeindeeigenen Gebäude, die auch wegen diverser fälliger Sanierungen nur noch schwer zu stemmen sind.

Ebenfalls nicht unschuldig an der Finanzsituation ist die Sanierung der Stadtkirche, die noch immer nicht gänzlich abgeschlossen ist (siehe Kasten). Gruber: „Das war schon ein Kraftakt für uns als Gemeinde.“ Die Kosten für die Sanierung erhöhten sich zuletzt auf 1,3 Millionen Euro, gleichzeitig wurden die angepeilten 100 000 Euro an Spenden nicht erreicht, die neben einer Fördersumme von 700 000 Euro die Finanzierung sichern sollten. Die Differenz wird aus der Rücklage geschultert.

Dass jetzt Gebäude, die über Jahre zu liebgewonnenen Treffpunkten geworden sind, zum Verkauf stehen, ist für viele Mitglieder der Gemeinde schwer zu akzeptieren. So habe es auch eine Unterschriftenliste gegen den geplanten Verkauf gegeben. Gruber weiß: „Das ist ein hochemotionales Thema. Daher versuchen wir auch, einen Weg zu wählen, der nicht willkürlich ist, sondern durch die Marktsituation bestimmt wird.“ Sprich: Wo ein Käufer, da bald kein Gemeindehaus mehr.

Zur Auswahl stehen: Das alte Gemeindehaus am Kirchplatz, das ursprünglich im 18. Jahrhundert als Küsterhaus erbaut wurde und unter Denkmalschutz steht. Kaufpreis: 370 000 Euro. Für das kirchliche Gebäudeensemble an der Wielandstraße im Siepen müssen Interessenten tiefer in die Tasche greifen: Für die Immobilie mit Kirchensaal, Kirchturm, Nebengebäude und Küsterwohnung sind 660 000 Euro angesetzt. Das ehemalige Gemeindezentrum Siebeneicker Straße (480 000 Euro) wird separat oder auch zusammen mit dem benachbarten Küsterhaus (330 000 Euro) angeboten. Das ehemalige Pastoralgebäude neben der Kita an der Siebeneicker Straße wird bereits als mögliches Dreifamilienhaus mit Saal angepriesen. Für das Gebäude mit 14 Zimmern ist ein Kaufpreis von 315 000 Euro festgelegt.

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