Eine Stadtkirche im Wandel der Zeit

Pfarrer Kriegsmann führte in die Historie ein. Ursprünglich war der Kirchplatz ein Friedhof.

Eine Stadtkirche im Wandel der Zeit
Foto: Ulrich Bangert

Wülfrath. Eine Führung durch die Stadtkirche ist auch eine Reise durch Wülfraths Stadtgeschichte. Pfarrer Ingolf Kriegsmann, der jüngst interessierte Wülfrather in die Geschichte das evangelischen Gotteshauses einführte, machte deutlich: „Man kann an der Kirche gut sehen: Jede Generation hat sie mitgestaltet und ein Stück weitergebaut.“ Der älteste Teil der Kirche befindet sich heute im Nordschiff des Gebäudes. Die kleinen Fenster sind romanischen Ursprungs und erinnern an die Gründungszeit der Kirche um das Jahr 1000. „Schon davor wurde hier eine erste Kapelle gebaut“, berichtete Kriegsmann.

Der Glockenturm war früher eigentlich ein Wehrturm, in den sich die wenigen Menschen, die sich damals um die Kirche angesiedelt hatten, vor Gefahren flüchteten. Ganz einig war sich Kriegsmann mit seinen Zuhörern nicht darüber, wofür die Schlitze im Turm genutzt wurden. „Da wurde rausgeschossen“, so die Vermutung. Doch der Pfarrer glaubt, dass es damals in dem Gotteshaus friedlicher zuging. „Das waren Lichtschächte“, sagte Kriegsmann. Schusswaffen seien damals für die einfachen Leute, die in der Kirche Zuflucht suchten, gar nicht erschwinglich gewesen.

„Wodrauf stehen wir?“, fragte Kriegsmann und erntete Zurufe wie „Teppich“ und „Kalk“. Die Antwort überraschte einige Zuhörer: „Leichen!“ Früher wurde der heutige Kirchplatz als Friedhof genutzt. Bei späteren Renovierungsarbeiten kamen die Gerippe zum Vorschein.

Ingolf Kriegsmann, Pfarrer

Die Zeitreise ging weiter: Das Mittelschiff ist gotisch und stammt aus dem 14. Jahrhundert. Das zeigt sich an den geschwungenen Formen in der Decke, die an anderer Stelle wiederum einen neugotischen Stil aufzeigen. Und auch die Barockzeit hat ihre Spuren in der Kirche hinterlassen.

Viele der romanischen und gotischen Malereien an den Wänden wurden entweder im Laufe der Jahre oder spätestens bei den rigorosen Sanierungsarbeiten in den 60er Jahren zerstört. Wer im Kopf die Fehlstellen zusammensetzt, kann Heilige wie St. Sebastian oder St. Christopherus erkennen. Auch die Leidensgeschichte Christi wird in mehreren verblassten Bildern erzählt. „Ganz oben sehen wir die Höllenfahrt Jesu“, berichtet Kriegsmann. Vor seiner Auferstehung soll Jesus der Legende nach den Toten gepredigt haben. Ins Evangelium hat es diese Geschichte nicht geschafft.

Schwindelfreie Besucher konnten den kostenfreien Rundgang mit dem Aufstieg in den Kirchturm abschließen. So gab es nach einigen interessanten Einblicken auch noch einen einmaligen Ausblick auf den Stadtkern von Wülfrath.

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