Dinner for One im Seniorenheim

Im Haus von-der-Twer essen die Senioren nach einer Neuorganisation viel häufiger allein. Einige fühlen sich einsam.

Dinner for One im Seniorenheim
Foto: Ulrich Bangert

Im Seniorenheim August-von-der-Twer hängt der Haussegen schief. Der Grund: In der Cafeteria wird jetzt nur noch einmal am Tag gegessen und dann auch nur eine halbe Stunde. Frühstück und Abendessen nehmen die Bewohner seit April in ihren Zimmern, im Gang oder in der Bibliothek ein. Die meisten Bewohner sind von den Neuerungen gar nicht begeistert. So berichtet es Gisela Birkenkamp (63), stellvertretende Vorsitzende des Hausbeirats.

„Das tägliche Essen ist für die Menschen, die noch mobil sind, ein wichtiger Treffpunkt, um Beisammenzusein und sich auszutauschen“, sagt Birkenkamp, deren Vater einer der 112 Hausbewohner ist. „Jetzt vereinsamen die Leute“, sagt sie.

Die Heimleitung habe zwar als Ausgleich Gesellschaftsräume wie die Bibliothek zu den Essenszeiten geöffnet, doch die seien nach Meinung des Beirats fürs gemeinsame Essen ungeeignet: eng, unschön, für Rollstuhlfahrer schwer zugänglich.

Während früher das hauswirtschaftliche Personal die Bewohner in der Cafeteria versorgt hat, bekommen die Senioren Frühstück und Essen jetzt von den Pflegern gebracht.

Der Träger, die Bergische Diakonie Aprath, erklärt, warum: „Das hauswirtschaftliche Personal kann den Betrieb der Cafeteria nicht mehr leisten. Es sind in der Vergangenheit immer Mehrarbeitsstunden aufgelaufen“, berichtet Sprecherin Renate Zanjani. Daher war eine Neuorganisation unerlässlich.

Auf den Beirat machen jedoch die Pfleger den Eindruck, als könnten auch sie die neue Aufgabe schwer stemmen. In einem Brief an die Presse schreibt der Heimbeirat: „Es kommt erschwerend dazu, dass das bereits jetzt schon arbeitsmäßig überlastete Pflegepersonal die Bewohner mit dem Tablettsystem versorgen muss.“ Diakonie-Sprecherin Zanjani bestätigt, dass die Umstellung nicht 100-prozentig rund gelaufen sind. „Es müssen sich jetzt alle erst an die neuen Abläufe gewöhnen“, sagt sie.

Diese Gewöhnung ist in den jüngsten Wochen noch nicht eingetreten. Als sich am 7. Mai rund 30 Bewohner zur Versammlung mit dem Beirat trafen, kam auch die Essensregelung auf den Tisch, berichtet Birkenkamp. Dabei sei auch darüber abgestimmt worden, ob die neue Regelung wieder abgeschafft werden soll. „Dafür haben fast alle die Hand gehoben“, sagt Birkenkamp. Doch die wirtschaftliche Entscheidung ist längst gefallen.

Auch über das Prozedere an sich ist der Beirat verstimmt. Die Leiterin Hildegard Kokot habe die Neuerung in einem Schreiben mitgeteilt, „ohne dies mit dem Beirat zu erörtern“.

Das stimme so nicht, sagt die Bergische Diakonie Aprath. Zanjani: „Der Beirat war informiert. Bereits im Februar hat es Gespräche gegeben.“ Das Gremium sei allerdings vor der endgültigen Verkündung der Entscheidung nicht mehr eingebunden worden. „Da ist die Kommunikation etwas schief gelaufen.“

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