Digitalisierung verunsichert Bürger

Die Mitarbeiter der Verbraucherzentrale erhalten immer mehr Anfragen im Hinblick auf Online-Geschäfte. Sie wissen auch um die Bedeutung von Kundendaten.

Digitalisierung verunsichert Bürger
Foto: Ulrich Bangert

Velbert. „Die Digitalisierung schlägt auf alles durch.“ Zu dieser Erkenntnis kommt Andreas Adelberger, der Leiter der Verbraucherzentrale Velbert, wenn er die Bilanz des vergangenen Jahres zieht. „Der digitale Fortschritt hat nicht nur Auswirkungen auf Arbeit und Freizeit, fast alle Lebensbereiche der Endverbraucher sind betroffen und damit auch die zahlreichen Arbeitsfelder der Verbraucherzentrale. Daten, die früher analog vorlagen, sind jetzt weltweit verfügbar und auch interpretierbar, ein großer Markt — nicht nur für die Sozialen Medien.“

Der Verbraucherschützer führt das „personell prizing“ an, bei dem anhand der Daten die Preise gestaltet werden. Es liegen nicht nur zahlreiche Daten vor, es wird auch erkannt werden, welches Gerät der potenzielle Kunde benutzt, und danach werden die Preise gestaltet. „Nutzt jemand ein iPad oder ein iPhone liegen die Preise höher. Man geht davon aus, dass derjenige mehr Geld hat und deshalb auch mehr zahlen kann.“ Weil auf eine Fülle von Daten zurückgegriffen werden kann, wird bei den Versicherungen das Solidarprinzip untergraben. „Die Daten und die Datenspuren haben vielfältige Auswirkungen“, warnt Adelberger und begrüßt deshalb die viel gescholtene Datenschutzgrundverordnung: „Das stärkt die Auskunftsrechte. Unternehmen müssen nach einem formlosen Antrag sagen, welche Daten sie gespeichert haben. Wenn sie diesem Anliegen nicht innerhalb eines Monats nachkommen, drohen Bußgelder.“

Daneben prangern die Verbraucherschützer immer wieder Überrumpelungsstrategien an. Andreas Adelberger schilderte einen Fall, wo ein Konsument über eine Bestellplattform in den USA eine Textilie im Wert von 20 Euro bei einem Onlineshop in China geordert hatte, der Bezahldienst war in Schweden.

Aufgrund des weiten Weges kam die Ware nach 30 Tagen, aber nach 14 Tagen schicke der Bezahldienst eine Mahnung mit Zusatzkosten, wenige Tage später kam Post eines deutschen Inkassobüros, das gleich einen dreistelligen Betrag forderte und gerichtliche Schritt nicht ausschloss. „Der Ratsuchende war aufgrund der massiven Drohungen so verunsichert, dass er sich nicht mehr zu helfen wusste. „Von solchen Erfahrungen sind durchweg alle Altersgruppen betroffen, die womöglich aus Angst zahlten.“ Das ist jedoch kontraproduktiv: „Zahlung bedeutet Zustimmung und lässt sich nicht mehr mit Erfolgsaussichten zurückfordern.“

Immer wieder kommt es dazu, dass Verbraucher ihre Strom- oder Gasrechnungen nicht bezahlen können. „Wir sind zum Beispiel gut mit den Wohlfahrtsverbänden vernetzt, so dass wir bei den Betroffenen eine Stromabschaltung verhindern können, Menschen in solchen Situationen haben schon genug Probleme“, weiß Energieberaterin Sabine Klischat-Tilly. Insgesamt stellten 5668 Ratsuchende aus dem Nordkreis Anfragen an die Verbraucherzentrale Velbert.

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