Der Einbahnring vor 40 Jahren: Geradeaus ins Verkehrschaos

Vor 40 Jahren sollte der Einbahnring den Verkehr in der Innenstadt entspannen — und sorgte zunächst für ein Durcheinander.

Wülfrath. Verkehrschaos in der Wülfrather Innenstadt? Fehlanzeige! Es läuft alles in geordneten Bahnen — zumindest was den Verkehr auf dem Einbahnring betrifft. Das war längst nicht immer so.

Denn noch im Januar vor 40 Jahren wurde dort gezählt, wie viele Fußgänger jeden Tag aufs Neue mit einer stetig zunehmenden Zahl an Autos zu kämpfen hatten. Unterm Strich standen am Überweg Heumarkt/Wilhelmstraße schließlich 2470 Passanten und 5251 Fahrzeuge. Und das alles in nur sechs Stunden, an einem ganz normalen Tag.

Die Klagen blieben nicht aus, und bei der Stadt sahen sich die Verantwortlichen offenbar gezwungen, endlich für eine Entspannung der Lage zu sorgen. Sie entschieden sich dafür, den Ring durch die Innenstadt nur noch in eine Richtung befahren zu lassen. Am 29. März 1972 um 9 Uhr war es schließlich soweit: Der Einbahnring wurde in Betrieb genommen.

Die „geistigen Väter“ des Projektes aus dem Rathaus und dem Kreishaus waren ebenso zu dem lange geplanten Ereignis angereist wie städtisches Aufsichtspersonal und Polizei. Sie alle wurden Zeugen eines chaotischen Vormittags, mit dem niemand gerechnet hatte.

Gerade fünf Minuten waren vergangen, da staute sich der Verkehr in der Goethestraße bis hinter die Einmündung Schillerstraße. Im Ampelbereich ging es im Schneckentempo voran. Nur drei bis vier Fahrzeugen gelang es, nach rechts abzubiegen, bevor das Signal wieder auf Rot umsprang. Gleichzeitig erhielt der Überweg vor der Post grün, so dass der Verkehr dort erneut ins Stocken kam.

Der Grund für den verpatzten Start war schnell gefunden: Das Ampelsystem war falsch geschaltet. Gott sei dank waren die Techniker vor Ort, die dann auch gleich zur Tat schritten, um zumindest dieses Problem zu lösen. Mehr als 50 Schilder waren zuvor aufgestellt worden, um zu regeln, wer wie und wo fahren, halten oder parken darf. Und wie so oft, wenn Gewohntes plötzlich anders laufen soll, waren auch davon etliche Fahrer irritiert.

Geparkt wurde dort, wo es vorher noch erlaubt war und nicht wenige befuhren den Einbahnring in der falschen Richtung. Um Schlimmeres zu verhindern, wurde die Polizei zum Retter in der Not: Die Beamten stellten sich auf die Kreuzung, um die — inzwischen abgeschalteten — Ampeln zu ersetzen.

Zu allem Übel irrten zwischen den Autos auch noch Fußgänger herum, die sich mit den ebenfalls neu gestalteten Bushaltestellen nicht zurechtfanden. Nicht jeder wollte offenbar die 20 Meter Umweg bis zum nächsten Zebrastreifen oder bis zur Ampel in Kauf nehmen.

Alles in allem kamen die Verantwortlichen ordentlich ins Schwitzen an diesem turbulenten Morgen in der Wülfrather Innenstadt. Und auch in den Tagen danach landeten Protestbriefe auf dem Schreibtisch des Bürgermeisters. Die Verbesserungsvorschläge reichten von der Neuordnung der Parkverbotszonen bis hin zur Umkehrung der Einbahnstraße in die entgegengesetzte Richtung.

Derweil war die Polizei angehalten, zur Entspannung der Lage beizutragen. Man drückte beide Augen zu, wenn der eine oder andere Verkehrsteilnehmer verkehrt in den Einbahnring einfuhr oder dort parkte, wo es nun eigentlich nicht mehr erlaubt war. Die „Kinderkrankheiten“ waren übrigens recht schnell ausgestanden: Seitdem rollt der Verkehr im Einbahnring.

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