Als der Mariendom in die Höhe wuchs

Theo Tilling ist der Kirche eng verbunden, 1966 erlebte er den Bau des Gotteshauses aus nächster Nähe mit. Ein Blick zurück.

Als der Mariendom in die Höhe wuchs
Foto: Bangert

Neviges. Seit seiner Kindheit ist Theo Tilling mit der katholischen Kirche in Neviges aufs Engste verbunden und erlebte den Bau des Doms als ein faszinierendes Ereignis. Die alte Wallfahrtskirche wurde einfach zu klein für die Pilger, aber auch für die Gemeinde. „Bei meiner Erstkommunion hatten die Angehörigen Schwierigkeiten hineinzukommen“, erinnert sich der Nevigeser des Jahrgangs 1955. Mit dem ersten Empfang der Eucharistie wurde der kleine Theo Messdiener. „Zusammen mit meinen Alterskameraden standen wir in der Josefskapelle vor dem Gipsmodell des Doms. Am liebsten wären wir mit unseren modellbahnkompatiblen Wiking-Autos drum herum gefahren, was nicht ging, weil ein Glaskasten darüber war.“

Als der Mariendom in die Höhe wuchs
Foto: Franziskanerkloster/Repro: Bahrmann

Dann begannen die Vorbereitungen für den großen Dombau: Das Missionshaus mit dem Missionsmuseum wurden abgerissen. Die Szenen mit vielen Figuren aus den Missionsgebieten der Franziskaner kamen nach Verl, was nicht gebraucht wurde, wie ausgestopfte Krokodile mit Macken, wurde weggeworfen. „Da haben wir uns drüber hergemacht.“ Die technikbegeisterten Jungs waren von den Kurzhauberlastwagen und ersten gelben Caterpillar-Raupen begeistert, deren Tätigkeiten wurde aufmerksam verfolgt „Die hatten Probleme, den Keller des Josefshauses kleinzukriegen.“

Im Bereich des jetzigen Pilgerhauses errichtete das Bauunternehmen Züblin Baracken für die Arbeiter. Dazu wurde ein eigenes Betonmischwerk aufgebaut, die Kinder schauten gebannt zu, wie die Schaufeln ferngesteuert Sand und Kies aufnahmen. „7500 Tonnen Beton wurden verbaut und 510 Tonnen Bewährungsstahl“, hat sich Theo Tilling notiert. „235 000 Quadratmeter Bauholz wurde für die Einschalung verbraucht. Ich habe das mal ausgerechnet, das wären 33 Fußballfelder.“

Pater Hofinus Reifenrath hatte die oberste Bauaufsicht für die Franziskaner. „Der hatte uns Messdienern immer mal wieder einen Besuch auf der Baustelle ermöglicht. Wir sind spontan auf die Empore, eine Horde lauter Jungs, da haben ich zum ersten Mal die ungeheure Akustik erfahren.“ Erst viel später bei einer Ausstellung über den Domarchitekten Gottfried Böhm in Köln ist Tilling aufgefallen, dass die Statiker 1:50 Modelle gebaut hatten, um so die Statik der Emporen zu überprüfen.

Den Baufortschritt konnte er jeden Tag von dem Mansardenzimmer seines Elternhauses aus verfolgen. Fasziniert war der Schuljunge nicht nur vom Gerüstbau („Jenseits von allen Arbeitsschutzmaßnahmen“), sondern auch von dem hölzernen Dachstuhl, der nur gebaut wurde, um das Betondach zu gießen.

Dann kam der große Tag der Weihe: Messdiener Theo Tilling durfte den chinesischen Exilant und Weihbischof Vitus Chang mit dem Kerzenleuchter begleiten, als die Reliquien aus der alten Wallfahrtskirche zum Altar des Doms gebracht wurde. Einen Tag später wurde das Gnadenbild in den Dom getragen, der fast blinde Kardinal Joseph Frings wurde von dem späteren Weihbischof Hubert Luthe geführt. „Ich durfte als kleiner Messdiener die Fahne tragen“, erinnert sich Theo Tilling. Und was ist heute sein Lieblingsort im Dom? „Die Sakramentskapelle. Ich war heute am frühen Morgen dort und habe die unglaubliche Strahlkraft erlebt - der ganze Dom war rot.“

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