Schräg, schräger, Lebensgefahr

Drei Tote und 121 Verletzte — die Unfallbilanz für Motorradfahrer im ersten Halbjahr 2011 fällt düster aus.

Kreis Mettmann. Dienstagabend, Kuhlendahler Straße in Velbert, „Herberge“ der berühmt-berüchtigten Müllermilchkurve: Ein Motorradfahrer nutzt das Asphaltband für ausgiebige Trainingseinheiten, um mit maximaler Schräglage ums Eck zu zirkeln.

Wie ein Rennfahrer versucht er dabei, das Knie auf die Straße zu drücken. Die Besatzung einer Polizeistreife unterbricht die Übungsstunde des Bikers und macht ihn nachdrücklich auf den Unterschied zwischen Rennstrecken und öffentlichen Straßen aufmerksam.

„Vor allem im Velberter Bereich führen wir häufig Kontrollen durch“, sagt Polizeisprecher Frank Sobotta. Dort stürzen Motorradfahrer häufiger als auf anderen Straßen im Kreis Mettmann, wo Kurven eher Mangelware sind. Die Rheinpromenade animiert eben weniger zum Angasen.

Die Vor-Ort-Präsenz der Polizei hat indes nicht verhindert, dass im ersten Halbjahr 2011 deutlich mehr Unfälle registriert worden sind, an denen Motorradfahrer beteiligt waren. Sobotta: „Die Zahl der Unfälle hat sich um zehn Prozent auf 136 erhöht. Dabei wurden 121 Fahrer und Sozia verletzt — 39 von ihnen schwer.“ Das entspricht einem Anstieg von 21 Prozent im Vergleich zwischen erstem Halbjahr 2010 und 2011.

Deutlich angestiegen ist die Zahl der Motorradfahrer, die sich tödliche Verletzungen zugezogen haben — zuletzt am Montag, als ein 29-Jähriger aus Wuppertal auf dem Südring in Mettmann im Kreuzungsbereich zur Elberfelder Straße mit einem Auto kollidierte. Der Mann starb noch an der Unfallstelle. Er war das dritte Todesopfer in diesem Jahr. Im gesamten Vorjahr kam kein Motorradfahrer ums Leben.

„Natürlich beunruhigt uns so eine Zahl“, sagt Sobotta, betont jedoch, in diesen drei Unfällen mit tödlichem Ausgang kein Muster erkennen zu können: „In Langenfeld ist der Motorradfahrer verbotswidrig abgebogen und von einem Lastwagen übersehen worden, in Velbert hat eine Frau falsch überholt.“ Die 39-Jährige aus Essen hatte Anfang April einen Lastwagen überholt und war frontal mit einem entgegenkommenden Auto kollidiert.

Kein eigenes Verschulden könnte hingegen den Motorradfahrer am Montag das Leben gekostet haben: Die Polizei bestätigte am Mittwoch, dass das Rotlicht in einer der drei Ampeln auf dem Südring ausgefallen war. Sobotta: „Die so genannte Peitsche, also die Ampel, die über der Fahrbahn hängt, war defekt. Die anderen beiden Ampeln, links und rechts der Fahrbahn, haben funktioniert.“

Sobotta mag nicht ausschließen, dass sich der Motorradfahrer an der defekten orientiert hat. „Wenn Sie sich aus der Distanz nähern, gucken Sie immer nach oben.“ Die Ampel des von rechts kommenden Autofahrers zeigte Grün.

Zuständig für die Ampelanlage ist die Straßenmeisterei Velbert, die zum Landesbetrieb Straßen NRW gehört. Deren Sprecher Bernhard Meier sagte am Mittwoch auf Nachfrage, „dass immer ein Streckenwart unterwegs ist“. Außerdem informierten Bürger und Polizei über etwaige Defekte. Mittlerweile sei die Anlage wieder voll funktionstüchtig.

Spekulationen, die Sicht des Autofahrers sei beim Abbiegen auf den Südring durch Gras behindert gewesen, weist Meier strikt zurück: „Das haben wir überprüft. Die Sicht ist gut.“ Auch die Polizei spricht nicht von ungemähtem Bewuchs am Straßenrand als Ursache des Unfalls.

Die Rede ist vielmehr von Motorradfahrern, die nach längerer Pause die Faszination motorisierter Zweiräder erstmals oder wieder entdecken und mit den Leistungsdaten aktueller Maschinen von bis zu 200 PS häufig heftig überfordert sind. „Daher empfehlen wir diesen Wiedereinsteigern, ein spezielles Sicherheitstraining zu absolvieren“, sagt Sobotta.

Die Polizei setze weiterhin auf Infoveranstaltungen zu Saisonbeginn wie am Café Schräglage in Erkrath „und danach vor allem auf Geschwindigkeitskontrollen“.

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